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Der ganz legale Joint aus dem „Lädeli“
Rauchzeichen aus Bern: Die Schweiz will ihre Drogenpolitik weiter lockern - Drogen-Tourismus wie in den Niederlande soll verhindert werden

Urlaubsträume für den deutschen Kiffer: Im Sommer geht’s nach Holland zum Surfen, im Winter zum Snowboarden in die Schweiz. Nach oder vor dem Sport ein Joint – ohne Angst vor der Polizei, die Cannabisrauchern in Deutschland noch immer mehr oder weniger im Nacken sitzt.
 
 
Wird nun nach Holland mit seinen Coffeeshops, in denen Haschisch und Marihuana feilgeboten werden, auch die kleine, biedere Schweiz zum Paradies für alle, die den Joint kreisen lassen wollen? Das überrascht. Wenn es nach der Regierung in Bern geht, soll es nämlich bald möglich sein, ganz ungeniert seine berauschenden Rauchwaren oder Cannabis-Plätzchen an der Ladentheke zu kaufen. Der eidgenössische Bundesrat hat ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis-Produkten wie Haschisch oder Marihuana auf den Weg gebracht. Nach der geplanten Neuregelung, die den drogenpolitischen Kurs der vergangenen Jahre auf eine gesetzliche Grundlage stellen will, sollen der Konsum, Anbau, Erwerb und Besitz des aus der Hanf-Pflanze gewonnenen Rauschmittels erlaubt sein. Damit gehen die Schweizer sogar weiter als die Niederländer: In dem traditionell freizügigen Königreich ist nur der Konsum zugelassen, der Anbau wird lediglich toleriert.

Die Gesetzesinitiative trägt einer Entwicklung Rechnung, an der die Schweizer nicht vorbeikommen: 600 000 Personen konsumieren regelmäßig Cannabis-Produkte, jeder vierte Schweizer zwischen 15 und 74 Jahren frönt dem illegalen Vergnügen. Zum Vergleich: In Deutschland wird die Zahl der (Gelegenheits)-Konsumenten, auf zwei bis vier Millionen geschätzt.

Die schweizerische Sozialministerin Ruth Dreifuss begründet die Gesetzesinitiative auch damit, dass die  bisherige Verbotspraxis gescheitert sei. „Wir müssen andere Strategien entwickeln, um die Jugend zu erreichen“, fordert die Sozialdemokratin, die  sich als (frühere) Kifferin outete und leicht resigniert feststellte, dass nur mit einem riesigen Aufwand Polizei und Justiz das gesetzliche Verbot durchsetzen könnten. Pro Jahr werden etwa 28 000 Personen wegen Konsums von Cannabis-Drogen angezeigt.
Wann die Schweizer ihre Joints nun ganz legal in Hanfläden („Lädeli“) kaufen können, ist noch unklar. Zum einen könnte eine Volksabstimmung das Vorhaben verzögern, und auch die UN-Behörde für Rauschgiftbekämpfung hat Bedenken geäußert: Durch eine Liberalisierung werde das Problem des Drogenkonsums nur verschärft.

So überzeugt die Berner von ihrem Kurs auch sind, so sehr sind sie sich im Klaren, dass eine völlige Freigabe von Cannabis-Produkten auch jenseits der Landesgrenzen unerwünschte Begehrlichkeiten wecken dürfte. Also beeilt man sich, einem Drogentourismus nach dem Vorbild Amsterdams zuvorzukommen. Nur Schweizer oder in der Schweiz ansässige Ausländer sollen die Drogen kaufen dürfen. Wer das wie kontrollieren will, ist noch nicht geklärt.

Die Abgabemenge soll zudem auf etwa fünf Gramm begrenzt werden, und es soll nur in der Schweiz produziertes Cannabis verkauft werden dürfen. Traditionelle Haschisch-Produzenten wie etwa Libanon, Marokko oder Afghanistan können also nicht auf einen neuen Absatzmarkt im Herzen Europas hoffen. Potenzielle Käufer müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Der Anbau darf nur auf offiziell ausgewiesenen Flächen stattfinden, und sogar der THC-Gehalt in den Pflanzen soll gesetzlich geregelt werden. THC ist der Wirkstoff, der bei den Konsumenten das erwünschte Rauschgefühl erzeugt.

Für eine bestimmte Gruppe soll der Genuss legaler Joints aber weiterhin generell verboten bleiben: Soldaten sollen nicht kiffen. Zur Begründung: Sie hantierten schließlich mit Waffen und anderem gefährlichen Gerät. Also müssten sie sich weiter mit Alkohol zufrieden geben.

KStA, 23/04/01


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