Hanfinfos der Landesarbeitsgemeinschaft Drogen(politik) Berlin






Geschichte des Hanfes und Geschichte
der Hanfprohibition 

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet
der Hanfpflanze (Cannabis sativa) war ausschließlich Zentral- und
Vorderasien. Die ältesten Überlieferungen zum Gebrauch von Hanf
als Rauschmittel aus diesem Gebiet sind mindestens 4700 Jahre alt, auch
in ägyptischen Mumien wurden Cannaboide nachgewiesen. Die alten Griechen
und Römer kannten Cannabis noch als Droge, danach geriet hingegen
die Verwendung von Hanf als Droge in Europa weitgehend in Vergessenheit,
wenn auch in den “Hexenmitteln” des späten Mittelalters Hanf als psychoaktiv
wirkende Substanz gelegentlich auftaucht. In Europa wurde Hanf etwa seit
dem 16./17. Jahrhundert im größeren Umfange angebaut, aber nicht
wegen seiner psychoaktiven Wirkung, sondern ausschließlich als Rohmaterial
für die Herstellung von Papier, Seilen und Textilien. Seit dem 18.
Jahrhundert wurde Hanf auch in den USA (vor allem in Virginia) angebaut
– zu den Hanfanbauern zählte übrigens auch der erste Präsident
der USA, George Washington, sowie später der US-Präsident Abraham
Lincoln. Die bewußtseinsveränderte Wirkung der Hanfpflanze wurde
in Europa gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts (zunächst von Künstlern
und Schriftstellern) vermehrt wiederentdeckt; als beliebte Konsumorte galten
die Kaffeehäuser der europäischen Metropolen. Im Deutschen Reich
waren Anfang dieses Jahrhunderts auch hanfhaltige Zigaretten der Marke
“Nil” (heute enthalten diese nur noch Tabak) oder mit verheißungsvollen
Namen wie “Arabische Nächte”, “Harem” oder “Wunder des Orients” frei
verkäuflich erhältlich. 

Die Geschichte der weltweiten
Hanfprohibition hat ihren wesentlichen Ursprung in der Auseinandersetzung
zwischen Schwarzen und Weißen in Südafrika und vor allem in
den USA. Das erste staatliche Hanfverbot zu Beginn dieses Jahrhunderts
in Südafrika war dazu gedacht, den verbreiteten Hanfgebrauch bei der
schwarzen Bevölkerung auszurotten. Auch in den USA mehrten sich seit
Mitte der zwanziger Jahre die Befürworter der Hanfprohibition. Hanf
war zu dieser Zeit fast ausschließlich die Droge der schwarzen und
farbigen sozialen Unterschicht (sowie vieler schwarzer und einiger weniger
weißer Jazzmusiker), welche allgemein als subversiv und kriminell
galten. 1926 behauptete eine Zeitung in New Orleans, der Marihuanakonsum
der schwarzen Bevölkerung sei der Auslöser für die hohe
Kriminalität in dieser Bevölkerungsgruppe; bald darauf wurde
der Hanfkonsum in Louisina verboten, und 5 Jahre später war der Marihuanakonsum
in vielen Staaten der USA illegalisiert, wenn auch eine bundeseinheitlich
Regelung noch fehlte. Für diese fehlende Regelung steht im wesentlichen
ein Name: Harry Anslinger, der Leiter der zentralen US-amerikanischen Drogen-
und Rauschgiftbehörde von 1931-1962. Unter seiner Federführung
wurde in den 30er bis 50er Jahren folgende Thesen in die Köpfe der
US-Amerikaner eingebläut: (1) Hanf ist ein hochgefährliches Rauschgift.
(2) Der Marihuanakonsum endet in vielen Fällen mit Mord und anderen
abscheulichen Verbrechen, und (3) Hanfkonsum führt zwangsläufig
zum Heroingebrauch – damit war zugleich die These von der Einstiegstheorie
geboren. Um den illegalen Hanfkonsum weiter zu unterbinden, wurde schließlich
der Hanfanbau und -besitz mit “unverschämt” hohen Steuern belegt.
Die 1937 erlassene “Marihuana Tax” sah eine staatliche Steuer von 100 Dollar
pro Unze (ca. 30 g) vor, bei Steuerhinterziehung betrug die Strafe sogar
1000 Dollar pro Unze. Die faktische Illegalisierung der Hanfproduktion
1937 und die endgültige Illegalisierung im Jahre 1942 wurde dabei
wesentlich unterstützt von der chemischen Großindustrie, die
seit 1937 ihre neuentwickelten Verfahren und Chemikalien zur Gewinnung
von Papier aus Holz vertreiben wollte, und für die deshalb der alte
Papierrohstoff Hanf eine unliebsame Konkurrenz darstellte. Ab 1951 betrug
das bundesweite Strafmaß in den USA für den Hanfbesitz und -konsum
2 bis 20 Jahre Zuchthaus. 1961 erreichte Anslinger schließlich, daß
der Anbau und Besitz von Hanf in allen UNO-Staaten staatlich sanktioniert
wurde (Single Convention on Narcotic Drugs), damit war Grundstein zum heute
noch bestehenden weltweiten Hanfverbot gelegt. 

Ab Mitte der sechziger Jahre
wurde Marihuana trotz der Verbote auch vermehrt von der Jugend der weißen
Mittel- und Oberschicht der USA konsumiert; Hanf galt zusammen mit LSD
als die Droge der “Flower Power Bewegung”. Diesen “subversiven Aussteigern”
wurde fortan, wie zuvor schon den “kriminellen Schwarzen”, der behördliche
Kampf angesagt (z.B. wurde der Harvard-Professor und Legalisierungsverfechter
Timothy Leary 1965 zu einer Zuchthaustrafe von 30 Jahren wegen Besitzes
von knapp 90 g Marihuana verurteilt). Doch weder Nixon, noch Reagan noch
Bush konnten mit ihrer “Kriegserklärung gegen Cannabis und andere
Drogen” verhindern, daß heute 10 Prozent der amerikanischen Bevölkerung
regelmäßig Hanf konsumieren. 

Die Entwicklung der Hanfprohibition
in Deutschland nach 1918 war im wesentlichen durch seine Verpflichtungen
zunächst aus dem Versailler Vertrag und danach durch internationale
Verträge im Völkerbund und später als Mitglied der UNO gekennzeichnet:
Nachdem im Jahre 1925 durch ein internationales Abkommen Hanf zum ersten
Mal als angeblich suchtfördernde und gesundheitsschädliche Substanz
deklariert worden war, wurde durch das 2. Opiumgesetz im Jahre 1929 der
Besitz von Hanf zu “Rauschzwecken” in Deutschland erstmals für die
Konsument(inn)en illegalisiert (theoretische Höchststrafe: 3 Jahre
Haft); 1934 erfolgte eine nochmalige Gesetzesüberarbeitung, die ausdrücklich
Opium, Morphium, Heroin, Kokain und indischen Hanf als illegale Stoffe
im Sinne des Gesetzes aufführte. Unberührt von Gesetzen blieb
aber der Hanfanbau zur Gewinnung von Rohstoffen, gegen Ende des 2. Weltkrieges
wurde er sogar nochmals durch staatliche Stellen besonders gefördert.
Hanf zu Medizinalzwecken war zudem noch bis 1958 in deutschen Apotheken
erhältlich. Nachdem seit Mitte der 60er Jahre der Konsum von Haschisch
(und auch LSD) in Deutschland allmählich populär wurde, sah sich
die seinerzeit sozial-liberal geführte Bundesregierung genötigt,
hier eine strafrechtlich erzwingbare Pflicht zur Nüchternheit mittels
eines drastisch verschärften Strafrahmens entgegenzusetzen: In der
ersten Fassung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) von 1971 wurde
die Höchststrafe auf 10 Jahre Haft ausgeweitet – zugleich wurden die
Halluzinogene (LSD, Psilocybin und Meskalin) durch dieses Gesetz erstmals
für illegal erklärt; der Hanfanbau zur Fasergewinnung war aber
weiterhin statthaft. Mit der Neufassung des BtMG im Jahre 1982 wurde die
Strafobergrenze auf nunmehr 15 Jahre heraufgesetzt. (Was aber keinen Einfluß
auf den Markt mit Cannabis oder anderen Drogen hatte: Die eingeleitenden
Strafverfahren stiegen seit 1982 bis 1994 auf mehr als das Doppelte pro
Jahr.) Zugleich wurde die Pflanze Hanf mit der Änderung des BtMG 1982
total illegalisiert, damit war auch der Hanfanbau zur Fasergewinnung verboten.
Weitere Strafverschärfungen brachte schließlich die Novellierung
des BtMG im Jahre 1992. 


Wenngleich im internationalen
Vergleich* die BRD in der Hanf-Prohibitionsskala zur Zeit nur einen mittleren
Platz einnimmt, ist bundesdeutsches Drogenstrafrecht doch der Ausdruck
einer rigorosen Kontrollpolitik mit dem utopischen Ziel einer zu erzwingenden
drogenfreien Gesellschaft (Alkohol zählt für die CDU/CSU ja nicht
als Droge). Um vermeidliche Täter dingfest zu machen, werden insbesondere
bei Ermittlungsverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten alle jenen
Gesetze und Methoden angewendet, die als verfassungswidrig zu bezeichnen
sind: Kronzeugenregelung, verdeckte Ermittler und Lockspitzel, Raster-
und Schleppnetzfahndung. Auch der umstrittene “große Lauschangriff”
soll gezielt in Drogenermittlungsverfahren eingesetzt werden. 

Der sogenannte Cannabisbeschluß
des Karlsruher Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1994 stellte zudem
ausdrücklich fest, daß die Erwähnung von Hanf im BtMG nicht
gegen das Grundgesetz verstößt (aber Verfassungsgerichtsurteile
zur Gesetzmäßigkeit von Strafbestimmungen wurden zu einem späteren
Zeitpunkt schon öfter revidiert, wie z.B. im Sexualstrafrecht). Der
Beschluß legte positiverweise immerhin klar, daß bei Besitz
von geringen Drogenmengen das Verfahren nach § 29 (5) u. § 31a
BtMG nicht nur eingestellt werden kann, sondern stets eingestellt werden
soll, weil eine Strafe eine übermäßige und damit verfassungswidrige
Sanktion darstellen würde. 

Seit Frühjahr 1996 schließlich
ist der Anbau von THC-armen Hanfsorten zur Rohstoffgewinnung in Deutschland
wiederum erlaubt, und die rot/grüne Landesregierung in Schleswig Holstein
plant eine begrenzte freie Abgabe von Cannabisprodukten zu Konsumzwecken
über Apotheken in diesem Bundesland. Auch der offen vorgetragene Protest
gegen die unhaltbare Hanf-Verbotspolitik der Bundesregierung wächst:
In vielen Städten werden öffentliche “Kiff-Ins” veranstaltet,
Prominente “outen” sich als Cannabiskonsumenten, und bundesweite Demos
(die erste am 23. August 1997 in Berlin) für die Legalisierung von
Hanf sollen den Gesetzgeber zu einer Umkehr in seiner realitätsfernen
Drogenpolitik bewegen. Aktuell konsumieren etwa 4 Prozent der deutschen
Bevölkerung regelmäßig Hanf, die Zahl der Gelegenheitskonsument(inn)en
liegt bei über 10 Prozent und etwa 20 Prozent der Bevölkerung
haben mindestens schon einmal mit Hanf experimentiert (50 Prozent sind
es in der Gruppe der 18-30 Jährigen). 

* Die Entwicklung zu mehr
Liberalität ist hier noch weit hinter derjenigen z.B. in Holland und
einiger weniger US-Staaten (Alaska, Columbia etc.) zurück, doch sind
die hiesigen Verhältnisse doch noch nicht ganz so rigoros, wie in
vielen anderen Ländern, wo z.B. auch der reine Hanfkonsum bestraft
wird (bei uns ist immerhin das Rauchen eines Joints straffrei!). Die negativen
Spitzenpositionen in Europa nehmen Frankreich und Schweden ein, wo eine
regelrechte behördliche Hanfhysterie herrscht (selbst das Tragen von
T-Shirts mit Hanfaufdruck ist in Frankreich verboten!). Die schärfsten
Prohibitionsgesetze finden sich jedoch in diversen US-Bundesstaaten (z.B.
Alabama, Kansas, Nevada etc.), in arabischen Staaten und in Südostasien:
die Höchststrafen für den illegalen Hanfbesitz sind dort lebenslängliche
Haft oder sogar die Todesstrafe (bei Besitz von “Handelsmengen” z.B. in
Malaysia oder den Phillipinen). 

(Psychoaktive) Inhaltsstoffe der Hanfpflanze 

Die psychoaktiven Inhaltstoffe
des Hanfharzes sind die Cannabinoide; dies sind gut fett- und daher wenig
wasserlösliche (stickstofffreie) Verbindungen. Die wichtigste psychoaktive
Verbindung ist das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), dessen chemische
Strukturaufklärung erst 1964 in Israel vollständig gelang. 

Der THC-Gehalt der Hanfpflanze
nimmt während des Wachstums kontinuierlich zu, bei üblichen ,indischen
Hanf” werden bis zu 3 % THC (bezogen auf das Trockengewicht) in den männlichen
Pflanzen und bis zu 5 % THC in den weiblichen Pflanzen erreicht; der THC-Gehalt
der obersten Blätter der Pflanze ist hierbei am größten.
Die Blätter enthalten aber stets weniger Hanfharze bzw. THC als die
weiblichen Blüten, diese können bei holländischen Hanf-Superzüchtungen
(Super Skunk etc.) bis zu 10 % THC enthalten; bis 10 % THC werden auch
bei Haschisch, dem eingetrockneten Harz der Blüten, erreicht. Das
sogenannte Haschöl (ein klebriger, eingedickter alkoholischer Hanfpflanzenextrakt)
kann sogar bis zu 30 % THC beinhalten. 

THC reagiert unter Zersetzung
empfindlich auf Licht, Sauerstoff und Wärme, wobei als Abbauprodukt
das fast psychoinaktive CBN (Cannabinol) entsteht. Ein anders wichtiges
Cannaboid ist das auch psychoinaktive CBD (Cannabidiol), welches eine Synthesevorstufe
von THC darstellt, und dessen Umbau zu THC in den speziell gezüchteten
THC-armen Hanf-Sorten blockiert ist. (Anmerkung: Die Hanfpflanze selbst
bildet stets die psychoinaktiven Carbonsäuren von THC; beim Rauchen
von Gras werden diese jedoch zu THC decarboxyliert; durch die Hitzeeinwirkung
bei der Herstellung von Hanf-Tees oder von Hanfgebäck wird das gleiche
erreicht.) 

Cannabis-Konsum und Abbau von THC im
Körper

Marihuana oder Haschisch
werden meistens geraucht, wobei für eine psychoaktive Wirkung etwa
2-4 mg THC im Körper benötigt werden. Da aber etwa nur ein Fünftel
des im Rauch enthaltenen THCs tatsächlich über die Lunge aufgenommen
wird, werden real 10-20 mg THC für eine psychoaktive Wirkung benötigt.
Dies entspricht ca. 0,2-0,4 g Marihuana mittlerer Qualität mit 5 %
THC. Die Wirkung hält nach dem Rauchen, abhängig von der Dosis,
2 bis 4 Stunden an. 

Weniger verbreitet ist der
Verzehr von Hanfprodukten, wobei die meisten Kosument(inn)en darauf achten,
die gut fettlösliche Substanz THC zuvor in heißer geschmolzener
Schokolade, zerlassener Butter oder in warmen Joghurt aufzulösen.
Als weniger wirksam erweisen sich hingegen wässrige Hanfauszüge
(etwa ein Tee aus Hanfblüten oder Blättern). Die Wirkung setzt
30-90 Minuten nach dem Konsum ein und dauert 2-12 Stunden an. 

Das THC wird im menschlichen
Körper (unter Einfügung von -OH Gruppen) in eher wasserlösliche
Formen umgebaut, welche mit Urin und Stuhl innerhalb einiger Stunden ausgeschieden
werden. Ein gewisser Prozentsatz des THC wird jedoch nicht gleich metabolisiert
und ausgeschieden, sondern bleibt im Fettgewebe mehrere Tage gespeichert.
Spontane Freisetzungen größerer Mengen des gespeicherten THCs
sollten nach einer mittlerweile nicht mehr haltbaren Theorie zu den sogenannten
“Flashbacks” (spontane Echo-Rauschzustände) führen. Die Ablagerungen
von THC und seinen Metaboliten in den Haaren sowie besonders der Nachweis
der THC-Metabolite im Urin werden von den Drogenverfolgungsbehörden
(und Führerscheinbehörden) im übrigen zum Nachweis eines
vorangegangenen Cannabiskonsums gern herangezogen. Wegen der langen Depotzeit
von THC im menschlichen Körper ist deshalb auch noch ein um Wochen
zurückliegender Hanfkonsum im Urin nachweisbar. Inzwischen werden
von findigen Anbietern jedoch auch teure Präparate als Trinklösung
oder Haarshampoo vertrieben, wodurch das THC und seine Derivate nicht mehr
im Urin oder in den Haaren nachzuweisen sein soll; dies trifft jedoch nur
bedingt zu, wie entsprechende Tests ergaben (Zeitschrift “Grow”, März
1997). 


THC und sein Rezeptor im
Gehirn: Schlüssel und Schloß zur Glückseeligkeit 


Damit eine psychoaktive
Substanz, wie THC, wirken kann, muß sie an einer bestimmten Stelle
der Nervenzelle – dem Rezeptor – gebunden werden. THC paßt auf diesen
Rezeptor wie ein Schlüssel in ein Schloß. Die Entdeckung des
Rezeptors für THC zu Beginn dieses Jahrzehntes führte zu einem
völlig neuem Verständnis zur Wirkung des THC im Gehirn: Damit
ist der Wirkstoff des Hanfes kein “mysteriöses Gift” mehr, das sich
in das Gehirn der Konsumenten einschleicht, sich diffus ausbreitet und
es schließlich zersetzt. Damit ist THC vielmehr der Schlüssel
zu vielen Schlössern, mit dem sich vorher verschlossene Türen
in unserem Gehirn öffnen lassen. Marcia Barinaga schrieb 1992: “Natürlich
haben sich diese Rezeptoren nicht über Jahrmillionen entwickelt, um
herumzuhängen, bis jemand “high” werden könnte. Aber was ist
dann ihre natürliche Funktion in unserem Körper? Und welche körpereigenen
Stoffe passen auf sie?” Diese Frage konnte noch im selben Jahr beantwortet
werden: Das körpereigene THC heißt Anandamid, ein Derivat der
Arachidonsäure, einer in den Zellmembranen vorhandenen Fettsäure.
Der Begriff Ananadamid kommt zum Teil aus dem indischen Sankskrit: ananda
= Glückseeligkeit. Im Tierversuch lösen Ananamide das gesamte
Wirkungsspektrum aus, das auch vom THC bekannt ist: Anandamide beeinflussen
Bewegungskoordination, Emotionen und Gedächtnisfunktionen. Anandamide
lassen Schmerzen vergessen aber auch Kleinigkeiten; sie setzen uns eine
rosa Brille auf, machen gesellig und friedfertig, aber auch meditativ und
müde. Immer wenn wir uns angenehm fühlen, rollt sich unser Gehirn
sozusagen einen Anandamid-Joint. Man findet Nervenzellen mit THC/Anandamid-Rezeptoren
vor allem im Bereich des Kleinhirns und der Basalganglien, wo die Bewegungsabläufe
und die Feinmotorik koordiniert werden; über die THC-Wirkung auf das
Kleinhirn wird deshalb die Schwierigkeit zu koordinierter Bewegung nach
hohem Cannabiskonsum erklärt. Ferner befinden sich THC/Anandamid-Rezeptoren
im Hippocampus (Teil des Gefühlzentrums) sowie der vorderen Großhirnrinde
(Ort des Bewußtseins und Gedächtnisses). Die üblichen Cannabiswirkungen,
wie Hochstimmung (Euphorie), das Herbeiführen traumähnlicher
Zustände usw. werden mit der Wirkung von THC in diesen Gehirnbereichen
in Verbindung gebracht. Der Hirnstamm, der lebenswichtige Körperfunktionen
wie die Atmung steuert, enthält allerdings keine bzw. kaum Rezeptoren
für THC/Anandamid. Hieraus erklärt man sich, daß THC (im
Unterschied zu den Opiaten) keinen Einfluß auf lebenserhaltende Grundfunktionen
hat. Dies mag auch der Grund dafür sein, warum auch extrem hoher Cannabiskonsum
bislang noch niemals zum Tode führte (anders als bei Alkohol und Heroin).
THC gilt somit als die “ungiftigste” psychoaktive Substanz schlechthin.
(Das Verhältnis von psychoaktiv wirksamer zu tödlicher Dosis
beträgt für: THC ca. 1 : 20.000 (vermutet), LSD, Psilocybin ca.
1 : 1000 (vermutet), Ecstasy (MDMA) ca. 1 : 10, Alkohol 1 : 8, Heroin ca.
1 : 4, Strychnin ca. 1 : 2) 

Allgemeine THC-Wirkung 

Körperliche Reaktionen 

Beim Menschen wirkt sich
THC vor allem auf Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems und des Zentralnervensystems
aus: Fast immer steigt die Pulsfrequenz, der Blutdruck wird hingegen kaum
beeinflußt. Die Körpertemperatur kann leicht herabgesetzt sein.
Der Blutzuckerspiegel ist nach Cannabis-Konsum erniedrigt, was zu einem
gesteigerten Appetit – insbesondere nach Süßem – führt. 

Wirkung auf die Psyche 

Die subjektiv empfundenen
Wirkungen sind unterschiedlich. Sie sind abhängig von der Dosis, dem
Verhältnis der einzelnen Cannabinoide zueinander, dem Aufnahmeweg,
der Erfahrung und Erwartung der Konsumenten (set), den äußeren
Gegebenheiten, und dem augenblicklichen Gemütszustand der Konsumenten
(setting). Alle Sinneseindrücke und Empfindungen können verstärkt
werden, während Leistungs- und Konkurrenzdruck an Bedeutung verlieren.
Das Zeitgefühl ist verändert, eine Stunde kann wie drei erscheinen.
Konsument(inn)en berichten über gesteigertes Wohlbefinden, leichte
Euphorie, Entspannung und eine Befreiung von Ängsten. Bei höheren
Dosen können Wahrnehmungsverschiebungen und veränderte Sinneseindrücke
(allerdings nicht im Sinne von echten Halluzinationen) erlebt werden: So
kann von Gegenständen eine Ausstrahlung ausgehen, die den gesamten
Raum zwischen diesen und dem Wahrnehmenden atmosphärisch ausfüllt.
Diese Intensivierung geht aber nicht mit einem Antriebsüberschuß
sondern mit einer gemäßigten Wendung nach innen einher. Eine
beschriebene “wohlige, warme Atmosphäre” breitet sich aus; zusammen
mit anderen Menschen wird ein Gefühl der Zusammengehörigkeit
vermittelt und die Empfindung, daß man sich gegenseitig versteht,
ja schon immer verstanden hat. 

Anders als bei Alkohol führt
gelegentlicher hoher Cannabiskonsum am nächsten Tag zu keinem Drogenkater,
die Konsument(inn)en fühlen sich oft sogar ausgesprochen “gut drauf”,
wenn auch die Motivation zur Arbeit nach intensivem Cannabiskonsum am nächsten
Tag zuweilen reduziert sein kann. 

Geringer bis mittlerer Cannabiskonsum
hat darüber hinaus oft ausgeprägte aphrodisierende Effekte (was
auch durch eine bundesweitweite Umfrage der Berliner AG Drogen bestätigt
wurde); nicht ohne Grund taucht deshalb Cannabis als Bestandteil der orientalischen
Liebes- und Glückspillen auf. 

Die Ausbildung einer Toleranz
(es werden immer höhere Dosen benötigt, um die gleiche Wirkung
zu erzielen) kommt beim THC in nur sehr geringem Umfange vor, auch eine
Kreuztoleranz zu anderen Drogen (die Wirkung dieser Drogen wird aufgehoben)
wurde für THC nicht beschrieben. 

Nebenwirkungen/Risiken des Cannabiskonsum

Unter akuter THC-Wirkung
kann es zu einem trockenen Mund und gelegentlich zum Auftreten von Schwindelgefühlen
kommen.  Ansonsten sind die Cannabinoide gut verträglich und
führen zu keinen körperlichen Schäden. 

Schädigung der Atemwege 

Der Cannabisrauch allerdings
enthält ebenso wie Tabak Teer und damit Benzpyrene, die über
eine Schädigung der Atemwege ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko bedeuten.
Die Schädigung der Atemwege durch 2 Marihuanazigaretten entspricht
etwa der durch eine Tabakzigarette. Das Lungenkrebsrisiko kann jedoch durch
das Benutzen einer Wasserpfeife reduziert werden; durch den Verzehr von
Cannabis-Gebäck (Spacecakes) etc. wird dieses Risiko gänzlich
ausgeschaltet. 

Wirkung auf das Kreislaufsystem 

Die durch das THC verursachte
Erhöhung der Herzschlagfrequenz (Puls) kann bei Menschen mit Erkrankungen
des Herzens (Koronarerkrankungen) unter Umständen zu bedrohlichen
Situationen führen. Dies gilt für diesen Personenkreis insbesondere
dann, wenn Cannabis zusammen mit anderen Drogen konsumiert wird (wie etwa
Ecstasy oder LSD), die ebenfalls die Pulsfrequenz hochregulieren. 

Wirkung auf das Hormonsystem 

Bei Männern kann der
chronisch hochdosierte Gebrauch von Cannabis den Testosteron-Spiegel erniedrigen
und die Spermienproduktion reduzieren. Die männlichen Fortpflanzungsfähigkeit
und sexuelle Potenz sind aber nicht eingeschränkt. Bei Frauen führt
andauernder Cannabiskonsum zu einer absinkenden Produktion der Sexualhormone
LH und FSH. Hierdurch kann der Menstruationszyklus beeinflußt werden,
es wurden Zyklen ohne Eisprung beobachtet. Diese Wirkungen sind aber reversibel,
d.h. sie verlieren sich nach Absetzen von Cannabis. 

Beeinflussung der Psyche
und Verkehrstüchtigkeit 


Unter akutem Cannabis-Einfluß
ist die Fähigkeit vorübergehend beeinträchtigt, komplexe
Aufgaben zu bewältigen, welche Aufmerksamkeit und konkretes Einordnen
von Einzelbeobachtungen erfordern. Entsprechend ist die Verkehrstüchtigkeit
bis zu mehreren Stunden nach dem Cannabiskonsum objektiv stark vermindert,
obwohl subjektiv das Gefühl bestehen kann, daß man/frau noch
gut Autofahren kann. 

Bei sehr hohem THC-Konsum
können außerdem akute Depressionen, Panikanfälle und leichte
Paranoia auftreten. Doch sind derartige Reaktionen eher selten und gehen
meist rasch vorüber. Bei Menschen mit verborgenen (latenten) Psychosen
besteht jedoch das Risiko, daß diese durch Cannabiskonsum aktiviert
werden. 

Entwicklung einer Abhängigkeit 

Regelmäßiger
Cannabis-Konsum führt zu keiner körperlichen Abhängigkeit,
nennenswerte Entzugssymptome treten nicht auf. Auch besitzt die Droge als
solche nicht die Stoffeigenschaft, psychisch abhängig zu machen. Dient
der Konsum von Cannabis aber zur Kompensation von Frustrationen, können
sich allerdings problematische Konsummuster wie hochdosierter Dauerkonsum
ergeben. 

Ammenmärchen über Cannabis

Cannabis als “Mörderkraut” 

Die bis in die 50er Jahre
von Anslinger (s.v.) vorgetragen Behauptung, Cannabiskonsum führe
zu einer erhöhten Bereitschaft zu Gewaltverbrechen bis hin zum Mord,
gilt als eindeutig widerlegt. Das Gegenteil ist der Fall: Im Tierversuch
wirkt THC beruhigend, es unterdrückt aggressives Verhalten und führt
bei Affen zu einem gesteigerten Sozialverhalten. Ähnlich wirkt Cannabis
auch beim Menschen. Bemerkenswert ist auch hier eine deutliche Unterdrückung
von Aggressionen: Während 30-50 % aller Gewaltstraftaten inkl. Mord
nach Kriminalstatistiken unter Alkoholeinfluß begangen werden, sind
solche Straftaten nach Cannabiskonsum geradezu eine absolute Ausnahme. 

Cannabis als Einstiegsdroge 

Seit den 50er Jahren wird
(nach Widerlegung der “Mörderkrauttheorie”) behauptet, Cannabiskonsum
sei der erste Schritt in einer “Drogenkarriere”, an deren Ende die Heroinabhängigkeit
steht. Diese Behauptung wurde aus dem Befund hergeleitet, wonach über
75 % der heroinabhängigen Menschen zuvor auch Cannabis konsumiert
hatten. Mehr als 99 % dieser Personen hatten jedoch zuvor auch Alkohol
oder Nikotin konsumiert, aber niemand käme auf die Idee, diese Drogen
als Einstiegsdrogen für Heroin zu bezeichnen. 


Richtig ist: Wer Cannabis
konsumiert gerät weder zwangsläufig noch mit hoher Wahrscheinlichkeit
in eine Heroinabhängigkeit. Nur ein sehr geringer Prozentsatz 


(1,3 %) der Cannabiskonsumenten
steigt wirklich auf Heroin um. Das Umsteigen ist aber nicht durch die psychische
Wirkungsqualität von Cannabis bedingt. Die Ursachen zum Umsteigen
sind vielmehr spezielle Persönlichkeitsstrukturen und soziale Faktoren. 

Cannabis flash-backs (Nachrausch) 

Bis in die jüngste
Vergangenheit wurde behauptet, daß die spontane Freisetzung von im
Fettgewebe gespeichertem THC zu einem sogenannten Nachrausch führe.
Solche besonderen Erlebnisse auch ohne Cannabiskonsum kommen zwar gelegentlich
vor, jedoch haben diese weitaus kompliziertere Ursachen. Die durch eine
Freisetzung von gespeichertem THC erzielbaren THC-Werte im Blut reichen
jedenfalls für eine psychische Wirkung keinesfalls aus. Trotzdem dient
die Flash-back Theorie noch immer Gerichten und Ämtern als Vorwand,
ertappten Cannabiskonsument(inn)en den Führerschein (als Schikanemaßnahme)
zu entziehen. 

Gehirnschäden und Amotivationssyndrom 

Es wurde auch vorgetragen,
häufiger Cannabiskonsum führe zu einer Gehirnschädigung;
eine irreversible Veränderung im Gehirn konnte aber noch nie nachgewiesen
werden. Das sogenannte “Amotivationssyndrom” bei Cannabiskonsument(inn)en
(beschrieben mit Antriebsverlust, Gleichgültigkeit gegenüber
dem Umfeld, Nachlassen der Leistungsfähigkeit und des Verantwortungsgefühls)
stellt auch eher eine Ausnahme dar. Die beschriebenen Symptome sind zudem
in der Regel weniger durch die THC-Wirkung selbst, sondern vielmehr durch
die äußeren Lebensumstände der Konsument(inn)en bedingt. 

Cannabis als Nutz- und Heilpflanze

Hanf ist die ursprüngliche
Pflanze zur Papiergewinnung (s.v.). Aus Hanffasern gewonnenes Papier ist
wesentlich besser und haltbarer als Papier aus Holzzellulose. Hanf ist
eine sehr schnell wachsende (4 m Höhe in 6 Monaten) und hinsichtlich
der Bodenzusammensetzung anspruchslose Pflanze; aus einem ha Hanf-Anbaufläche
läßt sich pro Jahr viermal so viel Zellulose gewinnen wie aus
einem ha Wald: Die vermehrte Nutzung der Hanfpflanze als Papierlieferant
kann damit dazu beitragen, den Kahlschlag der Urwälder dieser Erde
zu stoppen. Die Hanffasern lassen sich außerdem zu sehr hautverträglichen
Textilien weiterverarbeiten, und die Samen liefern ein wertvolles (THC-freies)
Speiseöl, das reich ist an lebenswichtigen mehrfach ungesättigten
Fettsäuren. Die Blüten der Hanfpflanzen werden außerdem
zur Herstellung von Kosmetika und neuerdings (z.T als Hopfenersatz) auch
zum Brauen bekömmlicher (und teilweise psychoaktiv wirkender*) Biere
verwendet. 


* Versuchsprojekte hierzu
z.B. seit 1997 in Berlin 

Die Anwendungsmöglichkeiten
von Cannabis in der Medizin sind überaus vielfältig: Bei Krebs-
oder Aids-Patient(inn)en beseitigt es infolge der Chemotherapie Übelkeit
und Erbrechen, es steigert den Appetit und wirkt leicht schmerzstillend.
Die Harze der Pflanze wirken zudem antiepileptisch, sie senken den Augeninnendruck
bei Glaukomen (grüner Star) und beugen so einer drohenden Erblindung
vor. THC wirkt ferner bei multipler Sklerose und lindert Bronchialkrämpfe
bei Asthmatikern. Trotz all dieser positiven Wirkungen ist die Verwendung
von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland (anders als in vielen
anderen Staaten) immer noch nicht zugelassen, was eine Unverantwortlichkeit
insbesondere gegenüber den Krebs- und Aidspatient(inn)en darstellt.
(Weitere Informationen zu diesem Thema können Interessierte auch beim
Verein “Cannabis und Medizin” erhalten; Infos u.a. bei Dr. F. Grotenhermen,
Köln, Tel. 0221-139 25 79 oder bei PD Dr. R. Gorter, Berlin, Tel.
030-39 76 34 20). 

Cannabis und Strafrecht

Sowohl die psychotrope Substanz
THC als auch praktisch die gesamte Pflanze sind in der Anlage I des BtMG
aufgenommen, d.h. weder verschreibungs- noch verkehrsfähig. Ausnahmen
gelten lediglich für die Samen (diese enthalten nämlich auch
bei sehr THC-reichen Sorten kein THC) und für besonders THC-arme Hanfsorten
zur Nutzung als Rohstofflieferant. Seit Februar 1998 ist jedoch auch der
Besitz von Hanfsamen strafbar, wenn diese zum unerlaubten Anbau von (THC-haltigen)
Hanfpflanzen bestimmt sind. 


Strafbar sind nach dem Gesetz
der Anbau, der Besitz (auch zum ausschließlichen Eigenverbrauch),
der Erwerb, die Abgabe, die Einfuhr und Ausfuhr sowie nahezu alle anderen
Umgangsformen mit Cannabis. 

Nur der unmittelbare Verbrauch,
also der reine Hanfkonsum ist (ebenso wie der Konsum aller anderen illegalisierten
Substanzen) grundsätzlich (!) straffrei, da eine eventuelle eigenverantwortliche
gesundheitliche Selbstgefährdung durch Cannabiskonsum durch Art. 2,
Abs. 1 des Grundgesetzes (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit)
geschützt sei. Nicht zu einer Strafverfolgung führen außerdem
aufgefundene Rückstände von Cannabiskonsum (THC-Rückstände
in Rauchgeräten, aufgefundene Jointkippen etc.), aber auch das Weiterreichen
eines Joints an den (über 18 jährigen) Nachbarn ist straffrei. 


Bei Besitz ausschließlich
zum Eigenkonsum kann aber das Gericht (nach § 29 Abs. 5 bzw. §31a
Abs. 2 des BtMG) oder bereits die Staatsanwaltschaft (nach § 31a Abs.1)
das Verfahren einstellen, wenn es sich lediglich um eine “geringe Menge”
handelt. Im sogenannten “Cannabisbeschluß” vom 9. März 1994
haben die Karlsruher Verfassungsrichter ausgeführt, daß die
Staatsanwaltschaften bei der Sicherstellung von geringen Cannabismengen
ausschließlich zum Eigenkonsum nicht nur von einer Strafverfolgung
absehen können, sondern sollen (s.v.). Die vom Bundesverfassungsgericht
zugleich eingeforderte einheitliche Regelung der Definition einer “geringen
Menge” für alle Bundesländer steht aber immer noch aus, wobei
ein eindeutiges Nord-Süd-Gefälle sowie eine tolerantere Einstellung
in den Metropolen im Vergleich zu den ländlichen Gebieten zu registrieren
ist. Im rot-grün regierten Schleswig Holstein und in Hessen etwa gelten
30 g (ca. 100 Konsumeinheiten) noch als “geringe Menge”; im CDU-regierten
Baden-Württemberg oder gar im CSU-dominierten Bayern sind es hingegen
deutlich weniger. 

Bei aufgefundenen Cannabismengen
oberhalb der “geringen Menge” reicht das Strafmaß bei den sog. Grundtatbeständen
(d.h. keine erschwerenden Fälle, s.u.) nach § 29 BtMG von Geldstrafen
bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug. Das Strafmaß ist dabei von
mehreren Umständen, wie z.B. der aufgefundenen THC-Menge, anderen
Vorstrafen oder der Sozialprognose abhängig, aber auch davon, wo sich
das verurteilende Gericht befindet! (s.o.) 


Mit nicht unter einem Jahr
Haft (Bewährungsstrafe aber noch möglich) wird hingegen bestraft,
wer nach §29 gewerbsmäßig mit Cannabis (oder anderen illegalen
Drogen) Handel treibt. 

Dieses Mindeststrafmaß
von einem Jahr Freiheitsstrafe gilt nach § 29a Abs. 2 BtMG auch für
den Besitz einer “nicht geringen (nicht unerheblichen) Menge”. In der Rechtssprechung
(BGH-Urteil) liegt dieser Grenzwert derzeit (Mai 1997) noch bei 7,5 g THC
(= 500 Konsumeinheiten zu 15 mg) d.h. etwa 75 g Haschisch mit 10 % THC
oder 150 g Marihuana mit 5 % THC. 

Wer Cannabis (oder andere
illegale Drogen) an Personen unter 18 Jahren abgibt (auch das Weiterreichen
eines Joints zählt hierzu!) und dabei über 21 Jahre alt ist,
wird gemäß § 29a Abs. 1 BtMG ebenfalls mit mindestens einem
Jahr Freiheitsentzug bestraft. 


Noch höher ist das
Mindeststrafmaß (minimal 2 Jahre Haft ohne Bewährung), wenn
nach § 30a Abs. 1 BtMG jemand gemeinsam mit anderen übergeordnete
Bandeninteressen verfolgt (z.B. innerhalb eines Dealerringes), oder wenn
jemand Cannabis in nicht geringer Menge ein- oder ausführt (d.h. wer
mehr als 7,5 g THC bzw. 75 bis 150 g Cannabisprodukte etwa aus Holland
über die Grenze schmuggelt). Aber auch diese Grenzwerte scheinen aufzuweichen:
So verurteilte das Lübecker Landgericht Anfang 1997 jemanden nach
Einfuhr und Besitz von über 400 g THC (in 12 kg gestrecktem Haschisch)
lediglich zu 18 Monaten Haft (auf Bewährung). 

Wer bei einer Verkehrskontrolle,
an der Grenze, bei einer Razzia oder sonstwo mit illegalen Drogen (also
Cannabis) erwischt wird, der muß insbesondere in den südlichen
Bundesländern – auch bei der Sicherstellung einer nur geringen Menge
– mit einer anschließenden sofortigen Wohnungsdurchsuchung rechnen.
Werden dort spezielle Waagen, in Tütchen portionierte Mengen etc.
vorgefunden, so gehen die Ermittlungsbehörden dann sogar vom strafverschärfenden
Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (s.o.) aus. 

Aufgefundene illegale Drogen
bei Verkehrskontrollen (aber auch sonst) haben darüber hinaus nach
Meldung an die Führerscheinstellen in vielen Fällen den Versuch
des Führerscheinentzuges zur Folge und zwar auch dann, wenn nicht
unter Drogeneinfluß gefahren wurde. Begründet wird der Entzug
der Fahrerlaubnis bei aufgefundenem Cannabis mit der pauschalen Behauptung,
Cannabiskonsumenten seien allgemein weniger “vernunftgesteuert” (OLG Koblenz,
1996) sowie immer noch mit der angeblichen Gefahr spontan auftretender
Rauschzustände selbst Wochen nach dem letzten Cannabiskonsum (sog.
Flashback-Hypothese). Letzteres gilt jedoch nunmehr als wissenschaftlich
unhaltbar, wie u.a. Gutachten bei einer Anhörung 1995 durch den Bundesgerichtshof
(BGH) darlegten. 


Rechtskräftige Verurteilungen
nach den §§ 29 ff. BtMG werden zudem in das Bundeszentralregister
eingetragen und sind dort je nach Strafmaß Jahrzehnte lang gespeichert,
so daß dann im polizeilichen Führungszeugnis eine Vorstrafe
steht. Dies kann sich nachteilig bei Stellenbewerbungen auswirken, bei
Beamten bedeutet dies unter Umständen auch Disziplinarmaßnahmen
bis hin zur Entlassung aus dem Dienst. 

Bei allen polizeilichen Vernehmungen
sollte man grundsätzlich keine Angaben zur Sache machen, und auf eventuelle
Drohungen oder Versprechungen seitens der Kriminalpolizei nicht eingehen,
denn eine einmal gemachte Aussage ist nur schwer zu widerrufen (Merke:
Reden ist Blech, Schweigen ist Gold!). Vielmehr empfiehlt es sich in jedem
Fall einen Anwalt zu Rate zu ziehen, der auch Einsicht in die Ermittlungsakten
verlangen kann. 


(Eine umfassendere Beratung
zu diesem Thema und evtl. die Vermittlung eines fachkompetenten Rechtsanwaltes
gibt es übrigens bei der Grünen Hilfe e.V.; Adressen: u.a. Infoladen
im “Conne Island”, Koburgerstr. 3, 04277 Leipzig, Tel. 0341-3026504 oder
H.A.N.F. e.V., Mühlendamm 5, 10178 Berlin, Tel. 030-2424827). 

Drogenpolitische Forderungen

Aus medizinischer Sicht birgt
der regelmäßige Konsum von Cannabis auf keinen Fall ein höheres
gesundheitliches Risiko als der regelmäßige Konsum von Alkohol
oder Tabakwaren (Nikotin etc.), das Risiko ist sogar deutlich geringer.
Die Erwähnung von Cannabis und die Nichterwähnung von Alkohol
und Tabak im BtMG verstoßen deshalb (auch nach Ansicht vieler Juristen)
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (Artikel 3, Abs.
1), selbst wenn eine konservative Mehrheit des Karlsruher Bundesverfassungsgerichtes
1994 noch anderer Meinung war. Da eine Aufnahme von Alkohol und Tabak in
das BtMG absurd erscheint, ist deshalb die totale Streichung von Cannabis
und THC * aus dem BtMG zu fordern, so wie dies auch Bündnis 90 / Die
Grünen in allen aktuellen Wahlprogrammen für richtig halten.
Die Konsequenz der totalen Legalisierung ist ein freier Handel, belegt
mit staatlichen Steuern (so wie dies bereits vor 80 Jahren der Fall war),
bei einer Abgabe an Personen über 16 Jahren, vergleichbar den Regelungen
für Tabak und Alkohol, gekoppelt aber mit einem Werbeverbot für
legale Drogen aller Art in den öffentlich-rechtlichen Medien. 


* Bei den übrigen Drogen
des Betäubungsmittelgesetzes wird von den Grünen eine Entkriminalisierung
angestrebt, d.h. ihr Besitz zum Eigenkonsum soll nicht mehr strafrechtlich
verfolgt werden, da diese Strafbestimmung das Grundrecht auf die freie
Entfaltung der Persönlichkeit verletzt (Art. 2, Abs. 1). Willkürliche
Strafandrohung für den Besitz dieser Drogen haben zudem niemand vom
Erwerb ernstlich abhalten können, wie Umfragen eindeutig belegen;
eine Motivation zum Nichtkonsum waren eher ein gesundheitliches Risiko,
welches vermeintlich von der Droge ausgeht: Umfassende sachliche Aufklärung
der Bevölkerung über Wirkungen, Nebenwirkungen und riskante Konsumpraktiken
aller Drogen – nicht jedoch Strafandrohung – muß deshalb der Inhalt
zukünftiger Drogenpolitik sein. 

Soll der Erwerb (Ankauf)
von Drogen zum Eigenkonsum straffrei ermöglicht werden, so muß
dies dann konsequenterweise auch für die Drogen-Abgabe an die Endverbraucher
gelten. Andernfalls manifestiert sich eine paradoxe Situation, wie wir
sie heute bei Cannabisprodukten vorfinden: Der Besitz und Erwerb (zumindest
geringer Mengen) zum Eigenkonsum ist auf Weisung des Bundesverfassungsgerichtes
straffrei; die zum Erwerb erforderliche Abgabe der Droge wird aber nach
wie vor unnachsichtig verfolgt. Eine Lösung dieses Problems wäre
ein Abgabe z.B. der Partydrogen über lizenzierte Stellen (Vereine
der Drogenselbsthilfe, Apotheken, Coffeshop-ähnliche Einrichtungen),
ähnlich dem praktizierten Coffeeshopmodell für Cannnabisprodukte
in Holland. Im Unterschied zum Straßenhandel wird hierdurch auch
eine kontrollierte Abgabe (an Personen über 18 Jahren) von kontrollierten
(auf ihre Zusammnesetzung hin geprüften) Drogen zudem erst ermöglicht
– gesundheitliche Schäden hervorgerufen durch überdosierte oder
verunreinigte Ecstasy-Pillen (s. Testberichte von “Eve und Rave” e.V.)
ließen sich so wiederum vermeiden. 


Alternativen zum illegalen
Markt müssen insbesondere auch für Heroingebraucher(innen) geschaffen
werden, sofern für diese eine Substitution nicht in Frage kommt. Die
einfachste Regelung hierzu wäre eine Heroinabgabe über ein fachärztliches
Rezept. Der Heroinbezug aus der Apotheke schützt die Heroin-User nicht
nur vor einer unbeabsichtigten Überdosierung, zugleich beseitigt der
Apothekenbezug auch das Problem des kostspieligen illegalen Heroinerwerbs,
welcher bisher oft in Beschaffungskriminalität oder Zwangsprostitution
endet (jeder dritte Einbruch ist ein Drogenbeschaffungsdelikt). Die Absatzmärkte
der Heroinkartelle müßten aufgrund der ärztlichen Abgabe
wegen Verknappung der Nachfrage empfindliche Einbußen hinnehmen,
was letztlich zum Zusammenbruch dieser kriminellen Vereinigungen führen
würde. Das Ziel des gültigen BtMG, die Drogenkartelle über
Beschlagnahme ihrer Drogen (Verknappung des Angebotes) effektiv zu bekämpfen,
ist hingegen illusorisch, da weniger als 10 Prozent der illegalen harten
Drogen überhaupt beschlagnahmt werden, und eine Verknappung des Angebotes
zudem automatisch die Preise – und damit auch die Profite der Dealerringe
– in die Höhe treibt. 


Dieser Infobroschüre
sind in einem Teil der Auflage einige Hanfsamen beigefügt, die z.B.
als (THC-freie) wertvolle Nahrungsmittel verwendet werden können… 


(Warnung: Das unbeabsichtigte
Verlieren dieser Samen bei einem Spaziergang durch Wiesen und Flur mit
der Folge der Entwicklung neuer Pflanzen stellt einen Verstoß gegen
das BtMG dar!) 

Weiterführende Literatur

u.a.: Die Speisen der Götter
(Terence McKenna), Edition Rauschkunde (1992); 


Das Recht auf Rausch (R.
Rippchen), Der Grüne Zweig, Bd. 147 (1993); 


Psychoaktive Pflanzen (Bert
Marco Schuldes), Der Grüne Zweig, Bd. 164 (1995); 


Von Hanf ist die Rede (Hans-Georg
Behr), Zweitausendundeins (1995); 


Pflanzen der Götter
(Albert Hofmann und R. E. Schultes), Edition Rauschkunde (1995); 


Pflanzen der Liebe (Christian
Rätsch), Edidtion Rauschkunde (1995); 


Vom Urkult zur Kultur (Hans
Cousto), Nachtschattenverlag (1995); 


Das definitive Hanf Handbuch
(Hainer Hai und Ronald Rippchen), Der Grüne Zweig, Bd. 73 (1987);
Drogen und Psychopharmaka (Robert M. Julien), Spektrum-Verlag (1997). 

Impressum und Bezugsquellen

Produktion: Landesarbeitsgemeinschaft
Drogen(politik) Berlin


Redaktion: “http://www.echorausch.org/LAG-Drogen/aboutus.html”
(f.f. und v.i.S.d.P.) *,


“http://www.echorausch.org/LAG-Drogen/aboutus.html”**,
Jürgen Kunkel ***


*** Jürgen Kunkel ist
(angehender) Jurist mit Schwerpunkt Betäubungsmittelstrafrecht und
Mitglied bei Eve und Rave e.V. Berlin. 

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