RootZ – Highgoods – Ökoprobleme im Isaan – Nordostthailand

Ökoprobleme
im Isaan

Ich, Mittvierziger, aus Köln
stammend, lebe mittlerweile über zwei Jahre in dieser Region namens
Isaan, das ist der Nordosten Thailands. In dieser Zeit haben meine Frau
und ich begonnen, eine Farm aufzubauen, zuerst sind wir auf der Suche nach
geeignetem Land recht viel in der Region herumgekommen, dann sind wir fündig
geworden und ein tieferer Einblick in die lokalen Verhältnisse ersetzte
die oberflächlichen Impressionen während unserer Suche nach einem
geeigneten Standort. Ich denke, ich schreibe hier also nicht aus dem hohlen
Bauch über das Thema Ökologie, muß aber auch sagen, daß
ich nicht der Voll-Insider bin und hoffe inständig, daß ich
noch positiv überrascht werde. 

Es geht um die Problematik,
wie der Mensch, also hier der Bewohner des Isaan, mit seiner Umwelt umgeht.
Fakt ist, daß diese Region hier klimatisch sowieso schon ein Problemgebiet
ist, Dürreperioden wechseln sich mit zu feuchten Zeiten ab. Sprich,
mal fällt die monsumbestimmte Regenzeit aus, mal sind ganze Landstriche
überflutet.


 

In dieser Region
leben Menschen, deren Ignoranz, was den Umgang mit ihrem Land angeht, ziemlich
offensichtlich ist. Dabei  besteht die Bevölkerung des Isaan
großenteils aus Bauern, die eigentlich wissen müssen, wie sie
schonend mit ihrem existenzbildenden Land umgehen und die Zentralregierung
in Bangkok bemüht sich über Radio, TV und lokale Politiker in
Kampagnen Informationen, Aufklärung und Unterstützung zu bieten.
Nichts scheint zu helfen eine Verschlechterung aufzuhalten. 

Aber was sind eigentlich
die Probleme? Da wäre zunächst die thailandweit verbreitetet
Plastikkultur. Nicht nur daß viele Gebrauchsgegenstände, die
in Europa aus anderen Werkstoffen hergestellt werden (Teller, Tassen, Gläser,
Behälter, Türen, Fenster,…) aus Kunststoff sind und leider
eine qualitativ äußerst kurze Halbwertzeit besitzen, sondern
es ist und wird alles in Plastik verpackt angeboten. 


 



Plastikmüll am Straßenrand

 

 



auf der Farm gesammelter
Plastikmüll

Kauft man Bonbons
in einer Plastiktüte, dann ist jeder einzelne noch mal eingeschweißt.
Oder geht man bspw. einmal auf dem Markt einkaufen und läßt
sich die Ware wie üblich verpacken, kann man danach eine der erhaltenen
vielzähligen Plastiktüten mit den restlichen füllen und
meist direkt entsorgen, weil sie häufig eh schon nach einmaligem Gebrauch
kaputt sind. Auf den Märkten gibt es extra Händler, die Plastiktüten
in allen Größen, Formen und Verwendungszwecken anbieten. 

So, nach dem Einkauf ist
der Kram also zu Hause, leider habe ich festgestellt, daß, wenn das
Plastik nicht direkt auf irgendwelchen qualmenden Feuerchen verbrannt wird,
was nicht nur wie Hölle stinkt, sondern auch für Mensch und Umwelt
giftige Gase freisetzt, es in eine Ecke geschmissen wird und mit dem nächsten
Windstoß durch die Gegend fliegt, welche dadurch vielerorts schon
recht unansehnlich verunstaltet ist. Dazu kommt die vorherrschende Mentalität,
Unbenötigtes an Ort und Stelle fallenzulassen. Hierfür bieten
besonders die Straßenränder, aber auch einige Ortschaften anschauliche
Beispiele. Vielleicht liegt es daran, daß die Thai traditionell Verpackungsstoffe
benutzten – meist Blätter – die natürlich schnell verrotten,
und sich der Problematik dieses neuen Werkstoffes und der damit zusammenhängenden
Vermüllung garnicht bewußt sind. Auf unserer Farm bspw. habe
ich schon säckeweise den Plastikmüll aus der Erde geholt, den
der Vorbesitzer offensichtlich immer einfach untergepflügt hat. 


 



 

Ein weiteres
Problem ist die Brandrodung. Zum einen werden die abgeernteten Stoppelfelder
mindestens einmal im Jahr angezündet, was natürlich vielen kleinen
Lebewesen den Garaus macht, zum anderen werden aber auch Wald- und andere
unkultivierte Flächen immer wieder mit Feuer behandelt, was angeblich
dazu dienen soll, daß man besser Tiere jagen kann (was natürlich
illegal ist). Daß nach einem Feuer keine Tiere mehr in einem Waldstück
sein werden, scheint nicht verständlich zu sein. Glücklicherweise
scheinen diese Feuer nicht zu richtigen Waldbränden zu führen,
das liegt wohl an der Resistenz der tropischen Harthölzer, aber der
Bodenbewuchs ist weg, die Erde also der Erosion preisgegeben und kleine
Tiere bsi Mikroorganismen, die auch wichtig für den Boden sein können,
werden in den Flammen umkommen. 

Die großen Bäume
fallen einem anderen Problem zum Opfer, dem Kettensägenmassaker. Es
ist zwar illegal, auf vielen Flächen zu holzen und gewisse Baumarten
stehen eh unter Schutz, aber bspw. in unserer unmittelbaren Nachbarschaft
befindet sich eine Familie, bei der so gut wie täglich die Sägen
kreischen. An Aufforstung scheint niemand zu denken und die Folgen, wie
Erwärmung des Bodens, Absinken des Grundwasserpegels, Erosion etc.
auch nicht. Der Dorfvorsteher unserer Siedlung hat vor nicht langer Zeit
erzählt, daß man diese vormals waldreiche Gegend vor zehn Jahren
nur zu Fuß erreichen konnte, heute ist es eine stark durchforstete
Parklandschaft, in der nur zahlreiche Baumstümpfe an den einstigen
Baumreichtum erinnern. 

Weitere Probleme sind bäuerlicher
Natur. Da ist einerseits die Monokultur, der Isaan ist ein traditionelles
Reisanbaugebiet und es gibt Bauern, die schon seit Jahrzehnten auf ihrem
Land dieses Getreide anbauen. Abgesehen davon, daß Reisfelder durch
einen Fäulnisprozeß – das Land steht wochenlang unter Wasser
– Methangas freisetzen, was als Treibhausgas mitverantwortlich für
die Erderwärmung ist, können akzeptable Erträge nur noch
unter Einsatz satter Mengen von Kunstdünger erzielt werden. Einen
Fruchtwechsel, der gesund für den Acker und ertragsteigernd für
den Bauern wirkt, vollziehen die wenigsten. Das Vieh, meist Rinder oder
Büffel, wird in der Zeit, wo das Land für den Anbau von Reis
benötigt wird, häufig in die Berge oder auf andere naturbelassene
Gebiete getrieben, wo sie die ohnehin schon angegriffenen Ökosysteme
durch Zertrampeln und Kahlfressen noch mehr belasten. 



Brandrodung



Feuer in den Wäldern



zerlegter Baumstamm



vorher und nachher

Ein anderes großes
Problem ist, daß immer mehr Eukalyptus angepflanzt wird. Dieser Baum
wächst schnell, liefert also viel Holz – was dann meist nur zu Holzkohle
vermeilert wird. Daß diese aus Australien stämmige Pflanze auch
“Vampir des Bodens” genannt wird – der Baum hat einen enormen Wasserbedarf
und in seinem Wurzelbereich wächst so gut, wie garnichts mehr – ist
unbekannt. Und wer einmal einen Eukalyptus gepflanzt hat, wird ihn so schnell
nicht mehr los, auch wenn man den Stamm direkt über dem Boden kappt,
treibt der Baum wieder aus, man kann ihn nur stoppen, indem man den immensen
Wurzelballen entfernt.

Vielleicht ist die aus alter
Kosmologie stammende Einstellung, daß der Mensch Mittelpunkt ist
und sich die Natur zu Diensten macht, verantwortlich für den Raubbau.
In dieser Region wird ein altgedienter Familienhund ohne Skrupel und Emotionen
bei fahrenden Händlern gegen zwei Plastikeimer eingetauscht und wandert
dann zu seinen Artgenossen in den Käfig auf Rädern, um in einer
nordthailändischen Stadt, wo Hundefleisch als Delikatesse gilt, verspeist
zu werden. Vielleicht besteht das Problem auch, daß viele Bewohner
des Isaan nur an heute denken und das morgen uninteressant ist. Vielleicht
ist es auch die bestehende Mittellosigkeit vieler Menschen, die sie zu
einer  intensiven Ausnutzung der Ressourcen treibt. Sicherlich spielt
auch das recht niedrige Bildungsniveau der Leute eine Rolle, für die
ein komplexes Problem, wie die Ökologie nicht einfach begreifbar ist. 

Eine Schlüsselrolle
in diesem Drama spielen die Lokalpolitiker, mit ihnen steht und fällt
der Zustand eines Gebietes, denn die Menschen im Isaan (wie am vielen Orten
dieses Planeten) benötigen für abstaktere Dinge Führung
oder Vorschriften. So habe ich auch Ortschaften erlebt, in denen man keinen
Plastikfetzen gesehen hat, weil der Dorfvorsteher sich des Müllproblems
angenommen hat, es gibt staatliche Ausgabestellen, in denen man sich gratis
Baumsetzlinge abholen kann und landwirtschaftliche Projekte und Initiativen,
in denen der Erhalt bzw. die Erholung der Ressourcen im Mittelpunkt stehen. 


 



Müllhändler
Ein Lichtblick
ist das aus Ressourcenverknappung und den damit steigenden Rohmaterialpreisen
sich entwickelnde Recycling. Überall entstehen kleine Handelsposten,
in denen man seinen Kunststoff, Glas (in Thailand wird fast alles in Einwegflaschen
verkauft), Metall und Papier verkaufen kann und es gibt sogar Händler,
die mit ihren Pick-Ups über Land fahren und direkt zu Hause nach dem
gewünschten Material anfragen. 

Abschließend möchte
ich erwähnen, daß ökologische Probleme weltweit anzutreffen
sind. Soll nicht gerade der halbe Amazonasurwald – die grüne Lunge
unseres Planeten – abgeholzt werden? Vernichten nicht gerade – oft mutwillig
verursachte – Waldbrände riesige Flächen in Südeuropa und
in Kalifornien? Werden nicht ein Drittel des Mülls und der Emissionen
in den USA mit ihren knapp 300 Mio. Einwohnern ( 5 Prozent der Weltbevölkerung)
produziert, in dem Land, in dem auch ein Drittel der Weltenergie verpulvert
wird? Ist die industrielle Viehzucht in den westlichen Ländern nicht
mindestens so herzlos, wie das Verschachern des Hofhundes? ich könnte
eine ellenlange Liste von der Überflußgesellschaft, die alles
“Unbenötigte” auf den Sperrmüll wirft, bis hin zum Pendlerwahn,
bei dem i.d.R. eine Person in einem PKW sitzt weiterführen und möchte
damit ausdrücke, daß meine Ausführungen über den Isaan
nur ein kleines Teilchen im weltweiten Katastrophenpuzzle sind, entstanden
nach dem Motto “denke global und handle lokal”. In diesem Sinne hoffe ich,
daß unsere Farm, auf der wir mittlerweile knapp 900 Bäume gepflanzt
haben und weitgehend auf Kunstdünger, Insektizide etc. verzichten,
alles recyclen, was möglich ist und unsere Tiere nicht im Stall mit
Tiermehl und Hormonen mästen, irgendwann mal bei der hiesigen Bevölkerung
Spuren hinterläßt und die eine oder andere Idee übernommen
wird. 

Scroll to Top