>>Thema  
zurück zur letzten Seite Zum Inhaltsverzeichnis zur nächsten Seite



 
Zwei Jahre Farmer in Thailand

Nee, nee, liebe Leute, wie die Zeit vergeht... Mir kommt es vor, als hätte ich erst in der vergangenen Woche den vorhergehenden Bericht (zum besseren Verständnis dieser Zeilen, ist eine Lektüre des Artikels empfohlen - hier der Link) über ein Jahr als Farmer geschrieben. Dabei ist das schon wieder über ein Jahr her. Die Arbeit läßt die Zeit rasen, als säße ein Vollgas gebender Schumacher-Bruder im Uhrwerk. Und da wird im Volksmund behauptet, Bauern seien faul. Wer das allen Ernstes behauptet, sei hiermit herzlich eingeladen einmal vorbeizukommen und uns unter die achseltriefenden Arme zu greifen. 

Zwei Jahre Plackerei, Muskelkater, Blasen an den Händen und aus Schweißverlust resultierende orale Elektrolytinfusionen. Aber das soll jetzt kein Gejammer sein, es ist einfach so, dafür sieht man es mittlerweile aber auch deutlich, daß auf unserem Land Leute zugange sind, die den ehemals kahlen Reisacker in eine Plantage umwandeln wollen.
 
Insgesamt sind jetzt auf dem Gelände um unser Haus circa 1000 Bäume gepflanzt, die zuerst gesetzten Gewächse haben sogar schon Höhen von zwei bis drei Metern erreicht. Apfelbäume sind immer noch nicht dabei, der liebe Herr Luther muss noch ein wenig ausharren, sie sind aber tatsächlich bestellt und wir wollen es einfach mal versuchen, ob dieses Obst hier nicht doch wachsen kann, im Norden Thailands gibt es jedenfalls ganze Plantagen davon. 
  
Die Bäumchen sprießen > 

 
Es ist geschafft, bis auf eine Restecke von 1600 qm, den einen Teil unseres zweigeteilten Geländes zu beackern. Der zweite Teil ist nach wie vor "unberührt", wir haben das Gebiet für ein Jahr an eine Reisbäuerin verpachtet. Das ist eine ganz interessante Regelung: man gibt Land und stellt den Dünger und erhält im Gegenzug dafür ein Drittel der Ernte. In diesem Fall war das eine uns für ein Jahr ausreichende Reismenge plus ein Überschuß, den wir verkauft haben. Mit anderen Worte, schon nach zwei Jahren beginnt die Farm etwas abzuwerfen. Und nicht nur beim Reis, aber dazu später. 

 < 50 Meter Tomaten


 
Zurück zum bepflanzten Gelände um unser Haus. Nachdem die Bäume aus dem Säuglingsalter heraus waren, konnten wir damit anfangen, uns auch um ein paar andere Dinge zu kümmern. A propos "Säugling", saugen tun die Bäume natürlich immer noch, der Gartenschlauch ist nach wie vor im Einsatz, hat sogar noch eine Verlängerung bekommen, um an alle Stellen des Landes heranzukommen und verteilt nach wie vor das lebensspendende Naß auf die durstigen Wurzeln der Gewächse, aber es bleibt immer mehr Zeit für andere Aktivitäten. 

Um den Wasserbedarf angenehmer zu kontrollieren und ökonomischer zu gestalten, haben wir neben dem Haus zwei große Wassertanks aus Zement mit einem Volumen von 12.000 Litern errichtet. Dazu kommt ein Netz aus Leitungen quer durch das Gelände, so daß wir an verschiedenen Stellen Wasserhähne anbringen konnten, an die wir den besagten Schlauch anschließen können. Und weil der Wasserdruck trotz der großen Tanks nicht reichte, haben wir uns noch eine automatische Druckpumpe zugelegt, so daß der nasse Strahl jetzt eine zufriedenstellende Kraft hat. Damit war das zentrale Problem gelöst, denn kein Wasser, kein Grün!

Ich meinte eines Abends einmal mehr im Scherz zu meiner Frau, daß wir ja, wo die Bäume nicht mehr so viel Arbeit machen, anfangen könnten auch etwas Gemüse anzubauen. Aus Spaß wurde Ernst und der Ernst entwickelte sich rasant in Form von immer mehr kleinen Beeten mit diversen Gewächsen.

Und zwar nutzen wir den Bereich zwischen den jungen Bäumen, der für den Wachstum der Baumkronen einberechnet wurde und zusätzlich in der jetzigen Trockenzeit die zwischen den Hochbeeten befindlichen nutzlosen Drainagegräben. 


Kohlfeld ^

Erdnußfeld ^

Wasserspeicher ^

 

Radieschen ^

Koriander und Zwiebeln ^
 
Dort gedeihen jetzt Kürbisse, Bohnen, Tomaten, Chilis, Rüben, Hirse, Tabak, Zwiebeln, Knoblauch, Paprika, Kräuter, Erdnüsse und Gurken. Der Eigenbedarf an diesen Sachen ist mehr als gedeckt, so daß wir mit dem Überschuß schon Händler auf einem neun Kilometer entfernten Markt versorgen und auch hierdurch etwas Geld hereinkommt. Und nichts schmeckt so lecker, wie ein selbst angebautes, gerade geerntetes und frisch zubereitetes Gemüse, das war für mich als vormaliger Stadtmensch eine neue, angenehme Erfahrung. 
 

Erdnüsse ^

diverses Grün ^ 

Schalotten ^

Tomaten ^

 
Unser einstmaliger Unterstand für junge Pflanzen, um sie vor der sengenden Hitze zu schützen, hat sich mittlerweile in ein Treibhaus mit circa 40 qm Grundfläche gewandelt, eine Aktion, die sein mußte, denn man kann hier nicht zu jeder Zeit Pflanzen setzen, sondern muß einen Raum schaffen, wo sie geparkt werden können, bis sie zu gegebener Zeit die Wurzeln in den endgültigen Standort bohren können. Dort warten derzeit Hunderte von Gewächsen auf die nächste Regenzeit, die allerdings zum Zeitpunkt des Geschriebenen noch mindestens drei Monate auf sich warten läßt. Übrigens hatten wir mit dem Wetter bisher Glück: Es schüttete nicht übermäßig, aber dafür recht lange und gut verteilt bis in den vergangenen September hinein, was sich auf unsere Farm sehr positiv ausgewirkt hat. 
  
Treibhaus vorher und nachher > 

Und die Tiere? Da gibt es Positives und Negatives zu berichten. Hinzugekommen ist eine Katze namens Monster, ganz Thai-Style mit Stummelschwanz und gescheckt, die eifrig Mäuse fängt, ihr Rekord liegt bei vier Stück am Abend, weiterhin drei Karnickel, die fett und rund werden, sich aber noch nicht vermehren. Die Gänse haben zwar kräftig Eier gelegt, brüten diese aber nicht aus, irgendetwas machen wir da falsch. Das Resultat waren Stinkbomben im wahrsten Sinne des Wortes: als ich nach monatelangem warten ein paar Eier entsorgen wollte, ist eins in meiner Hand, ohne besonderen Druck ausgeübt zu haben, explodiert. Ich denke mal, über den Geruch muß ich bei schlechten Eiern nicht schreiben, das kann sich jeder vorstellen. Der Mungo hat immer noch kein Weib, es ist einfach keins aufzutreiben und der Hund wedelt immer noch mit dem Schwanz, zu mehr ist er scheinbar nicht fähig, obwohl Schäferhunden ja eine gewisse Intelligenz zugesagt wird. Jedenfalls taugt er als Wachhund nicht viel und als die traditionelle Hilfe, nämlich unsere Ziegenherde beim Trieb zusammenzuhalten, ist er absolut nutzlos. Wer weiß, vielleicht ist die hiesige Hitze für das Hirn eines deutschen Schäferhundes einfach zu viel. 
 

Monster ^

Karnickel ^

Fischteich ^

Ziegenherde und Stall ^
Während der Regenzeit hatten wir in unserem Weiher wieder Jungfische ausgesetzt und auch kräftig und kostspielig gefüttert. Leider sind eines Nachts irgendwelche Leute über den Zaun geklettert und haben den Teich fast leergefischt. Recherchen in dieser Richtung haben einerseits erbracht, daß so etwas im Isaan wohl "üblich" ist und andererseits haben wir eine Methode gefunden, die das in Zukunft hoffentlich verhindert: abgefischt wird hier nämlich gerne per Elektroschocker, so daß die Fische betäubt an der Wasseroberfläche treiben und einfach per Netz einzusammeln sind. Versenkte und geerdete Magnetkerne, bspw. solche von alten Lautsprechern sollen angeblich den Stromstoß an den Absender reflektieren und diesen Menschen mit unlauteren Absichten ein wenig rösten. Ich bin gespannt, wann wir den ersten knusprigen Thai am Ufer finden...

Eine Erfolgsgeschichte sind unsere Ziegen. Von anfänglich vier Tieren sind wir jetzt bei 16, wobei eine Zicke gestorben ist. Circa alle 6 Monate gebiert eine Ziege ein bis zwei Zickchen. Leider überwiegen bisher allerdings die neugeborenen Böcke, bei denen uns die Wahl zwischen Verkauf, Kastration oder Verspeisen bleibt. Jedenfalls darf man bei männlichen Ziegen nicht zu lange warten, denn sonst bleiben die Rangordnungskämpfe, die recht heftig sein können, nicht aus, die Ziegen werden zu sehr belästigt, ein Bock "kann" nämlich ohne Probleme um die 15 Mal pro Tag und das Fleisch fängt nach spätestens einem Jahr recht streng an zu schmecken. Wir haben uns auf eine Mischlösung geeinigt, ein paar Tiere werden kastriert, andere verkauft und bei weiteren wird uns das Fleisch auf dem Teller einen Namen dazu liefern. Um die Ziegen gut unterzubringen haben wir übrigens einen Teil des Geländes mit Maschendraht abezäunt - Stacheldraht hält die Tiere nicht - und darauf ist ein amtlicher Stall gebaut worden, in dem eine Herde bis zu 40 Platz hat. Naja, und jeden Morgen gegen 6 Uhr mache ich mich mit den Tieren auf und treibe sie auf die Weide ins Hinterland, um sie so gegen 16.30 Uhr mit kugelrundem Bauch wieder abzuholen und in den Stall zu geleiten.
 


 
Was gibt es noch? Das Dach des Hauses ist jetzt dicht, das Regenwasser wird in den Tanks aufgefangen, die anfangs errichtete, zugegebenerweise romantische, Bambushütte wurde abgerissen um einem Gästebungalowneubau aus Stein mit festem Dach, Dusche und Klo - halt westlichem Standard - Platz zu machen, die Wände der Gebäude sind gestrichen und eine Garage für unseren kleinen, gebraucht erworbenen Geländewagen (Suzuki SJ413) haben wir auch. Zu tun gibt es immer genug und ich sehne mich nach ein paar Tagen Urlaub und ein paar Nächten, in denen ich einfach ausschlafen kann. 

Haus und neuer Gästebungalow ^

Noch erwähnenswert ist, daß ich durch meinen ersten Bericht eine Menge Kontakte zu Menschen bekommen habe, die Ähnliches in Thailand vorhaben bzw. schon dabei sind. Die Resonanz war überwiegend positiv, auch wenn sich die meisten bewußt sind, daß eine Farm in einem nicht nur klimatisch schwierigen Gebiet nicht nur Freude macht. Wer sich über die Schattenseiten des Lebens in Nordost Thailand ein Bild machen möchte, kann hier meinen Bericht über Ökoprobleme im Isaan lesen. Im Übrigen würde ich mich freuen, wenn auch dieser zweite Bericht wieder zu neuen Kontakten führen würde. In diesem Sinne verbleibe ich der Ziegenhirte aus dem Wilden Osten.

Mehr Infos über unsere Farm findet ihr unter www.rootz.net/orchid

Mail


Copyright: Doc Highgoods 1998 - 2006