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Interview mit Ras Foster

Gründer und Mastermind
der aus Ghana stammenden Band Lion of Judah

Köln, 5. Juli 1998

RootZ: Hallo,
wir sind Käpt’n Momo, Radio DJ, und Dr. Igüz vom Internetmagazin
“I R * E”. Stell Dich doch bitte einmal vor.

Ras Foster: Hallo, ich bin Ras Foster und ich singe für die
Band “Lion of Judah”.

RootZ: Wie lange machst Du jetzt schon Musik?

Ras Foster: Einige Zeit, ungefähr zehn Jahre.

RootZ: Und wie lange existiert die Band?

Ras Foster: Genau diese zehn Jahre.

RootZ: Wieviele Alben habt ihr in dieser Zeit gemacht?

Ras Foster: Bis heute haben wir nur ein Album gemacht, es gibt im
Augenblick eine CD.

RootZ: Plant ihr eine neue CD und arbeitet ihr schon daran?

Ras Foster: Ja, wir planen eine neue Veröffentlichung, sind
aber noch nicht damit fertig.

RootZ: Wieviele Mitglieder hat die Band?

Ras Foster: Wir sind sechs in der Band

RootZ: Alles Gründungsmitglieder?

Ras Foster: Nein, am Anfang waren andere Leute dabei, aber mit der
Zeit haben wir einige Musiker ausgetauscht, es sind also nicht nur die
ursprünglichen Leute.

RootZ: Spielt ihr manchmal mit Gastmusikern, Raggasängern oder
anderen DJs?

Ras Foster: Hm, manchmal spielen wir irgendwo und die Leute zeigen
ein starkes Interesse an der Band. Dann kommen sie einfach auf die Bühne,
dann jammen wir und genießen die Musik zusammen.

RootZ: Wie oft wart ihr schon in Deutschland auf Tour?

Ras Foster: Deutschland? Wir waren die ganze Zeit in den letzten
zehn Jahren auf Tour. Wir haben überall in Deutschland gespielt.

RootZ: Und wie steht es mit Konzerten außerhalb von Deutschland?

Ras Foster: Wir haben schon Auftrittein Italien, Dänemark, Österreich,
der Schweiz und Holland gehabt.

RootZ: Welche Art von Musik hörst Du eigentlich privat?

Ras Foster: Tja, ich höre natürlich Reggae, weil ich Reggae
mache. Ich muß Reggae hören, um den “Feel” zu bekommen. Wenn
ich andere Musik höre, fühle ich mich nicht zu Hause. Weißt
Du, man muß wissen, wo man herkommt und so mußte ich den einen
Weg gehen. Wenn ich jemanden besuche, höre ich mir an, was die anderen
Leute für Musik spielen, aber wenn ich zu Hause bin, höre ich
Reggae, denn ich muß meinen “Bredrens” zuhören, die schon vor
mir Musik gemacht haben, um auf ihren Wurzeln, den alten Sachen, von denen
wir abstammen, aufzubauen .

RootZ: Von den Alten lernen?

Ras Foster: Ja, natürlich, man lernt von seinem Vater, also
muß man auch von den alten Leuten aus der Reggaeszene lernen.

RootZ: Hast Du Kinder?

Ras Foster: Ja, ich habe ein Kind, einen Sohn.

RootZ: Was machst Du in Deiner Freizeit? Oder bist Du immer mit Musik
beschäftigt?

Ras Foster: Na ja, ich bin nicht immer nur mit Musik beschäftigt,
manchmal mache ich mit Freunden eine Reise oder mache irgendwelche anderen
Dinge in meiner Freizeit.

RootZ: Bist Du ein Musiker von Beruf?

Ras Foster: Ja, ich mache nichts als Musik.

RootZ: Welches ist Dein Lieblingsalbum aus dem Bereich Reggae?

Ras Foster: Das ist natürlich Bob Marley, “Kaya”.

RootZ: Welches ist Dein liebster Reggaesong?

Ras Foster: Was für eine Frage, Mann.

RootZ: Wenn es Dir schwerfällt, Dich festzulegen, dann lassen
wir diese Frage. Aber wer sind denn die drei für Dich wichtigsten
Reggaemusiker?

Ras Foster: Wenn man über Musiker spricht, dann sind das zuerst
Bob Marley, dann Alpha Blondy und als drittes Burning Spear.

RootZ: Was war bisher das Beste am Summer Jam Festival?

Ras Foster: Ich habe gute Reggaekünstler, wie Steel Pulse, Third
World, und Alpha Blondy, spielen sehen.

RootZ: Und was war das Schlimmste?

Ras Foster: Das Schlimmste war, daß wir an der Hauptbühne
für drei Stunden auf Third World warten mußten, bevor sie auf
die Bühne kamen. Es wurde uns vom Veranstalter gesagt, daß Culture
auf der großen Bühne spielen würde, aber später haben
sie dem Publikum erzählt, daß die Band doch im Zelt auftritt.
Das Publikum bemerkt so etwas, sie fangen an, darüber zu sprechen.
Es gefällt ihnen nicht, denn sie haben eine Menge Geld ausgegeben,
um das Festival zu sehen. Darum: was auf dem Programm steht, bevor die
Leute ihre Tickets und das kaufen, das muß auch am Ende angeboten
werden. Sonst werden die Veranstalter viele Fans vergraulen, und das geschieht
schon heute.

RootZ: Hast Du Vorschläge für das Festival im nächsten
Jahr?

Ras Foster: Ich weiß nicht, ob Vorschläge, die gemacht
werden, auch ankommen, aber ich will es versuchen. Also, die Veranstalter
sollten es nächstes Jahr versuchen, so zu machen, wie ich schon gesagt
habe, das Programm muß eingehalten werden. Die Leute reisen von weit
an, um das Festival zu sehen, und obwohl einige eigentlich gar nicht das
Geld haben. Sie lieben das Festival und darum sind sie einfach da. Und
wenn dann das Programm verändert wird, stört das, es läßt
die Leute schlecht über das Festival reden. Manchmal trifft man Leute
die sagen, daß dieses Jahr die und die Bands nicht gekommen sind
und man merkt die Unzufriedenheit. Und darüber machen die Leute sich
Gedanken , fangen an, über die Gründe zu reden und plötzlich
geht es gegen die Musiker, die nun wirklich nichts dafür können.
Darum muß alles besser klappen. Nicht nur die Musiker müssen
eine Verbesserung spüren können, auch das Publikum sollte es
fühlen. Wir sind alle Eins und deswegen müssen wir alles aufteilen
und zusammen genießen. Kein Haß, Gleichheit und Togetherness
sind, was zählt.

RootZ: Benutzt Du Computer?

Ras Foster: Nein, Mann, ich habe keinen Zugang zu Computern. Ich
habe einen Freund, der benutzt die Maschinen, er hat mehrmals versucht,
mir die Dinger näherzubringen, aber ich glaube, das ist nichts für
mich. Ich mag es lieber natürlich, denn Computer machen alles so schnell.
Oder bei Musik, wenn man mit Computern Musik macht, klingt es für
mich nicht so gut, es ist nicht mehr natürlich. Es ist, als wenn Maschinen
spielen und man spürt die echten “Vibes from the roots” nicht mehr.
Also, ich habe es ‘mal versucht, benutze aber eigentlich keinen Computer.

RootZ: Benutzt Du das Internet?

Ras Foster: Nein, überhaupt nicht.

RootZ: Was denkst Du über ein deutschsprachiges Reggaemagazin
im Internet?

Ras Foster: Wie ich schon gesagt habe, sehe ich uns alle als gleichwertig,
ob jetzt deutsch-, spanisch- oder was-auch-immer-sprachig. Wenn es Leute
gibt, die kein Englisch verstehen, dafür aber Deutsch sprechen, warum
sollte man dann kein deutschsprachiges Magazin machen? Ich habe gegen keinen
irgendwelche Vorbehalte, wichtig ist die Gleichheit und die “Oneness”,
darum sehe ich nichts Falsches an solch einem Magazin.

RootZ: Welche Art von Unterstützung kannst Du solch einem Projekt
geben?

Ras Foster: Dem Internet? Weißt Du, ich bin nur ein kleiner
Fisch. Selbst wenn ich die Möglichkeiten hätte, solch ein Projekt
zu unterstützen, glaube ich nicht, daß mir die großen
Fische eine Chance ließen. Sie werden alles zu kontrollieren versuchen,
denn sie sind Vamopire. Weißt Du, das ganze System ist das, was ich
einen Vampir nenne. Es saugt das Blut der Menschen. Sogar wenn ich das
Projekt unterstützen wollte, hätte es deshalb wenig Zweck, denke
ich.

RootZ: Erzähl uns über Deine Erfahrung als Mitglied einer
ghanaischen Reggaeband in Deutschland.

Ras Foster: Wenn die Leute mich sehen, werde ich meist gefragt: “Aus
welcher Gegend auf Jamaika kommst Du?” und ich antworte: “Mie no Jamaican,
mie African”. Sie sagen: “Aber die Dreadlocks und Du spielst doch Reggae?”
. Okay, Reggae kommt aus Jamaika, wie die Leute sagen, aber die Wurzeln
des Reggae liegen in Afrika, das ist der Ort, wo alle unsere Ursprünge
liegen. Und diese Leute, die heute auf Jamaika Reggae machen, die mit Reggae
dort angefangen haben, sind alle aus Afrika. Während des Sklavenhandels
sind unsere Ur-Urgroßväter in die Karibik verschleppt und dort
verkauft worden. Wir sind heute überall auf dieser Welt verstreut.
Immer, wenn die Leute mich sehen, denken sie, ich sei ein Jamaikaner, aber
ich bin es nicht. Und ich habe die Erfahrung gemacht, daß viele Leute
denken, der jamaikanische Reggae sei der beste. Dabei ist Reggae nur ein
Vehikel, das die “Message” zu den Leuten bringen soll. Es ist also egal,
wo der Musiker herkommt, er kann Deutscher oder wer weiß was sein.
Was wichtig ist, ist die “Message” und nicht der Ursprung des Musikers.

RootZ: Dafür ist dieses Festival ein guter Beweis, oder? Zwei
afrikanische Hauptgruppen, Alpha Blondy und Lucky Dube.

Ras Foster: Ras Tafari! Jah versucht, den Leuten zu zeigen, daß
wir alle Eins sind. Und daß jamaikanischer Reggae nicht unbedingt
besser ist, nur weil Bob Marley, Peter Tosh, Jimmy Cliff und all die anderen
von dort stammen. Und die Musik war, als alles mit dem Ska begann, nichts
anderes als ein modernisierter afrikanischer Rhythmus, der bis heute Reggae
genannt wird. Und egal, ob jetzt Lucky Dube und Alphas Blondy ganz oben
stehen, es ist egal, wer die Musik macht, wir sind alles gleichwertige
Menschen und Reggae ist Reggae. Was zählt, ist der “Feel” für
die Leute. Manche Musikerkollegen und auch Leute aus dem Publikum sind
vor einem Konzert “down” und nach der Show kommen sie plötzlich auf
dich zu und sagen “danke”. “Wofür?” frage ich, und es ist dafür,
daß diese Person von der Musik und den “Lyrics” geheilt ist. Dafür
dankt er. Und für diese Gabe muß ich dem “Most High” Jah Ras
Tafari danken. Egal, ob ich aus Jamaika stamme, oder woher auch immer.
Und jetzt sind afrikanische Reggaemusiker oben. Jah möchte damit zeigen,
daß es jeder schaffen kann. Sogar der wichtigste Mann war einmal
ein Baby (Gelächter).

RootZ: Wie und wo ist Eure Band zusammengekommen?

Ras Foster: Weißt Du, das ist eine lustige Geschichte, und
wenn ich sie erzähle, werdet ihr alle lachen. Als ich noch in Afrika
gelebt habe, bekam ich die Inspiration, als Friseur zu arbeiten (alle im
Raum Anwesenden lachen). Ja, siehst Du, darum habe ich gesagt, daß
Du lachen wirst.

RootZ: A barber man…

Ras Foster: Nicht nur ein “Barber”, ich habe richtig gearbeitet und
alle möglichen Schnitte und Harrstile gemacht. Aber dann kam der Zeitpunkt,
an dem mich der “Most High” rief und mir sagte, “Sohn, das Friseurhandwerk
habe ich Dir nur für das Überleben im Jetzt gegeben. Jetzt ist
die Zeit gekommen, nach Europa zu gehen, andere Menschen zu treffen und
ihnen die “Message” zu geben.”. Als das passierte, habe ich einfach alles
hinter mir gelassen und bin hierher nach Europa gekommen. Ich habe niemanden
gekannt und über solche Dinge, wie ein Visum habe ich nicht weiter
nachgedacht. Und obwohl ich kein Visum hatte, hat Jah mich über die
Grenzen geleitet. Und es ist gar nicht so einfach, die Grenzkontrollen
ohne Papiere zu überwinden, aber Jah hat mich passieren lassen. In
Berlin haben sie mich dann ohne irgendwelche Gründe festgehalten und
kontrolliert. Sie haben meinen Pass weggenommen, sind damit irgendwo hingegangen
und sind nach ungefähr eineinhalb Stunden wiedergekommen. Sie meinten,
daß ich gehen könne. Ich bin also hierher gekommen, weil Jah
es mir gesagt hat, das ist, was er mit mir vorhat. So bin ich gekommen,
habe mir Leute zusammengesucht und habe angefangen, Musik zu machen. Und
dann stellt man fest, daß Leute in der Bandkommen und gehen, einige
sind nur aus materiellen Gründen gekommen, denn nicht alle haben die
gleiche Lebenseinstellung, einige wollen nur das Materielle besitzen. Als
wir dann mit der Band angefangen haben, waren sie plötzlich weg. Ich
betete zu dem “Most High” Ras Tafari um Hilfe, mir die Möglichkeit
zu geben, nach Ghana zu fliegen, um meine Musiker hierher zu bringen. Und
er hat mich erhört, darum sind alle Musiker, mit denen ich arbeite,
aus Afrika. Ja, so ist es passiert.

RootZ: Erzähle
uns kurz über die Entwicklung von Lion of Judah und was wir von Euch
in Zukunft erwarten können.

Ras Foster: Wie ich schon sagte, bin vom “Most High” inspiriert worden.
Deswegen wird Lion of Judah wachsen und wachsen, bis die Band größer
ist, bis ich die richtigen Musiker gefunden habe. Die Band wird nicht nur
heute oder morgen da sein, Lion of Judah wird es für immer geben.

RootZ: Wie siehst Du die Reggaeszene in Deutschland?

Ras Foster: Ich war jetzt schon in unzähligen Städten und
Ländern und wenn ich vergleiche, muß ich sagen, daß die
deutschen Fans viel Liebe in ihren Herzen tragen, sie sind echte Reggaefans.
Überall auf der Welt gibt es schlechte und gute Leute, aber die Reggaefans,
die wir hier in diesem Land haben, geben den Musikern echte “Vibes”.

RootZ: Was denkst Du über Ganja?

Ras Foster: Ganja? Ras Tafari! Ich werde oft von Leuten gefragt,
warum ich so viel rauche und ich antworte, daß Ganja ein Pflanze
ist, die vom “Most High” geschaffen wurde. Es heilt die Menschen, es kuriert
uns. Wenn ich Dir erzähle, daß ich micht nie krank fühle,
wirst Du mir nicht glauben. Ich bin jetzt dreizehn Jahre in Deutschland
und war nie im Krankenhaus. Warum fühle ich mich nicht krank? Weil
ich Collie, Marijuana, Ganja nehme, siehst Du. Es ist Nahrung für
die Gedanken, es gibt uns Inspiration, Sensimilla, Ras Tafari. Ich liebe
Ganja!

RootZ: Folgst Du dem Glauben der Rasta-Lehre?

Ras Foster: Ja, natürlich, man muß einfach wissen, wo
man hingehört und wohin man sich entwickelt. Ich möchte nicht
als Heuchler erscheinen, oder über jemanden urteilen, aber wir haben
eine Menge Brüder, die so tun, als wären sie Rasta. Und diese
Leute verderben das Image von Rasta. Sie tragen die Haare als Dreadlocks
und tun Dinge, die unser Image ruinieren. Und so passiert es, daß
die Leute Angst vor einem haben, wenn man ein Dreadlocksman ist. Zum Beispiel
letztes Jahr haben wir auf dem Chiemsee Festival in Bayern gespielt. Als
ich zu dem Hotel kam, in dem wir übernachten sollten, ist die Besitzerin,
als sie mich gesehen hat, ins Haus gelaufen, hat die Tür verriegelt
und alle Lichter ausgemacht. Alles wegen des schlechten Images, das einige
Dreadlocks verursachen. Diese Art von Leuten nehmen Rasta als Modeerscheinung.
Man muß einfach wissen, woher man stammt und wohin man geht und man
muß wissen, mit wem man es zu tun hat.

RootZ: Möchtest Du den Lesern des Magazins noch etwas sagen?

Ras Foster: Es wäre schön, wenn wir, die kleinen Fische
von Lion of Judah, etwas bekannter werden würden.. Ich weiß,
daß Jah alles für uns tun wird, aber Du weißt schon, heute
ist eins wichtig: wer kennt wen. Wenn man unbekannt ist, kann man noch
nicht mit den Großen spielen, man ist noch im Keller. Ich weiß
nicht, wer Lion of Judah kennt, weiß aber, daß Ihr die Band
kennt, sonst wäret Ihr nicht hier. Ich fände es gut, wenn Lion
of Judah im Internet wäre. Das ist die einzige Unterstützung,
die ich für “I’n’I” erfrage.

RootZ: Vielen Dank für dieses Gespräch.


Copyright: Käpt’n Momo / Dr. Igüz
1998

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