Interview Red Rat und Buccaneer

Interview mit 

Red Rat und

Buccaneer

Köln Stadtgarten 

06.09.2001

RootZ: Herzlich willkommen
ihr zwei, ihr seid beide für einen sehr individuellen  Stil in
der Reggae-  und  Dancehallmusik bekannt, fangen wir hier mal
mit dir an, Buccaneer, du bist ja ziemlich bekannt wegen diesem Opera Stylee,
wie bist du denn darauf gekommen?

Buccaneer. Also eigentlich
habe ich so mit ca. 5 Jahren angefangen Klavier zu spielen, und als ich
dann schließlich zum Dancehall gekommen bin, habe ich halt meinen
eigenen Style gefunden, die Ragga – Oper.

RootZ: Was hat dich dazu
gebracht, hast du sehr viel klassische Musik gehört?

Buccaneer: Ja, ich höre
noch heute klassische Musik, ziemlich viel klassische Musik, Mozart, Beethoven,
Tschaikowski, Strauss, und wenn ich chillig drauf bin, dann spiele ich
ein paar klassische Stücke.

RootZ: Und du, Red Rat, manchmal
ähnelst du, ohne dir jetzt zu Nahe treten zu wollen, einer Comicfigur…

 

Red Rat: 
Ich persönlich bin schon eher lustiges Kerlchen. Es ist wie ein natürlicher
Instinkt von mir die Menschen zum Lachen zu bringen, weil ich gerne fröhliche
Gesichter um mich rum habe…das kommt auch in meiner Musik zum Vorschein,
wenn ich einen Song singe, dann versuche ich soviel Spaß wie möglich
dabei rauszuholen…

RootZ: Hast du auch Conscious
Lyrics in deinen Songs?

Red Rat: Ja, wir sehen jeden
Tag viele Sachen, und so sehr ich auch ein Komiker sein mag, manches kotzt
mich auch an, und das verarbeite ich als Künstler eben auch in meinen
Songs…wenn es etwas ernstes gibt, das mir Sorgen bereitet, dann singe
ich auch darüber.

RootZ: Bring uns mal ein
bisschen näher, wie du deine Songs produzierst..

Red Rat: Bei meinem letzten
Album zum Beispiel, habe ich die meisten der Tracks produziert, da Danny
Browney eher aus dem Main Street Lager kommt, habe ich sehr viel von ihm
gelernt, ich war sehr viel im Studio und Danny spielte seine Riddims, er
hat mir viel beigebracht, wie z.B. wo man kritisch sein muss und was man
ändern kann. Ich habe versucht mich an die Sachen zu halten, die er
mir gezeigt hat, sie anzuwenden und es hat letztendlich funktioniert.

RootZ: Und du, Buccaneer?
Was machen die Old Pirate Vibes?

Buccaneer: Das Buccaneer
Ding kam eigentlich eher davon, wo ich aufgewachsen bin, in Portmore, ich
entere keine Schiffe, oder so was…daher kommt das, die Meeresvibes und
so…

RootZ: Wo produzierst du?

 

Buccaneer: Ich
habe 1996 ein Label gestartet, dann kam die Oper, Red Rat und noch einige
andere Artists, jetzt mache ich erst mal eine kleine Pause, nachdem Main
Street zu Gospel konvertiert ist, mache ich Pause. Es ist schon ganz cool
das Business zu kennen, aber jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, an
dem es Zeit für eine Art Neustart ist, ich nehme mir Zeit um meinen
Vibe aufzubauen, sowohl im Bezug auf die Produktion als auch auf die 

Artists. Alles langsam,
aber sicher.

RootZ: Ihr tourt in Europa
zur Zeit, wie ist das?

Red Rat: Also das ist ja
meine zweite Europa Tour, letztes Jahr war es schon ganz gut, aber dieses
Jahr ist es schon noch viel besser, viele unserer Shows waren ausverkauft
und Buccaneer und ich wir haben gut performt und die Menge ist voll darauf
eingestiegen. Es war echt eine gute Stimmung, aber es ist eine Art Prozess,
man baut sich etwas auf, das erste Jahr war gut, das nächste besser
und es wird immer besser werden.

Buccaneer: Ich bin zum ersten
Mal nach Europa gekommen, mir gefällt es, wie Rat schon sagte, die
Shows sind sehr gut, die Menschen gehen ab, wir haben ein gutes Feedback
und man sieht das Reggae hier erst am Anfang ist, und noch wächst….

RootZ: Wenn ihr durch die
verschiedenen europäischen Länder fahrt, merkt ihr dann Unterschiede
im Bezug auf die Reggae Communities?

Red Rat: Ja, auf jeden Fall,
unterwegs ist mir aufgefallen, dass Reggae Dancehall in Deutschland wächst,
so wie in den Neunzigern in Japan, es wächst und wächst. Es gibt
bestimmte Orte, wo es noch am Anfang steht, wie zum Beispiel in Schweden,
hier in Deutschland wird Reggae stärker und stärker. Auch in
Amsterdam oder Rotterdam. Es sieht so aus, wie wenn sich ein großer,
weiter Reggae Markt in Europa auftut.

Buccaneer: Japan ist heute,
meiner Meinung nach, immer noch der größte Markt für Dancehall,
auf dem Japan Splash Festival sind 70-80 000 Menschen und so etwas haben
wir von nirgendwo anders auf der Welt gehört, nicht einmal auf dem
Sun Splash in Jamaika sind so viele Menschen….

 

Red Rat: Mindestens 70 000
vielleicht 80 000 oder sogar 90 000 Menschen…

Buccaneer: Menschen so weit
man blicken kann. Das ist cool. Ich sehe diesen Vibe, der in Deutschland
entsteht, es ist großartig.

RootZ: Beim Summer Jam, einem
Roots Festival waren dieses Jahr auch rund 50 000 Besucher. Auch das Splash
Festival, das hier ein Mix aus HipHop und Dancehall ist, war riesig dieses
Jahr.

Buccaneer: Ja, das ist sehr
cool.

RootZ: Wie gefällt Euch
denn die deutsche Szene so?

Red Rat: Es erinnert uns
ein bisschen an Jamaika, die Leute sind Up-to-date was die Songs angeht,
es macht sehr viel Spaß für ein deutsches Publikum zu performen,
denn was die Menge betrifft, die Leute gehen einfach immer ab, sie sind
richtig heiß und warten nur auf die Gelegenheit richtig abgehen zu
können. In Jamaika hingegen, da muss man schon ein bisschen mehr dafür
tun, wenn man die Leute unterhalten will.

Buccaneer: Mal abgesehen
von dem musikalischen Aspekt, wollte ich eigentlich schon immer mal nach
Deutschland, weil ich eine Art Geschichtsfreak bin. Ich mag Geschichte,
die Weltkriege, die Berliner Mauer, der Kölner Dom, Deutschland ist
neben Italien und Frankreich eines der Länder, die ich unbedingt sehen
wollte. Paris, Rom, die ganzen Stätten, an denen man Geschichte sehen
kann. Ich finde es cool hier zu sein, nicht nur wegen der Musik.

RootZ: Also was interessiert
dich wirklich: die Mädels oder die Geschichte?

Buccaneer: Die Musik, die
Geschichte, die Mädels, alles, ich glaube hier könnte ich es
ein Weilchen aushalten.

RootZ: Ihr habt viel Kontakt
zu den deutschen Soundsystems und Artists und so, was haltet ihr von der
deutschen Szene?

Red Rat: Ich war sehr überrascht
von den Soundsystem Jungs, in Japan sowie hier, wenn man das hört,
dann klingt es wie ein Soundsystem auf Jamaika, sie sprechen wie Jamaikaner
und es kommen die gleichen Vibes rüber, auch die anderen Artists,
die Band, die mit uns auf  Tour ist, spielt genau wie das, was man
auf unserer Scheibe hört…sie spielen wie eine Reggae Band, die Musiker,
die Artists, … 

Buccaneer: …auch Gentleman
er performt wie ein Jamaikaner, Pow-Pow Soundsystem, mir gefällt die
Richtung in die sich Deutschland entwickelt.

RootZ: Wisst ihr auch um
was es in deren Lyrics geht, hat euch das vielleicht mal jemand erklärt
oder so?

Red Rat: Nicht wirklich. 

 

Buccaneer: Nicht wirklich,
wenn wir auf Tour sind, sind wir ständig unterwegs, und nachts schlafen
wir, wir haben einfach keine Zeit um großartig zu fragen was bedeutet
dieses oder jenes….

Red Rat: Music is Melody…

RootZ: Hier war es ja immer
anders herum als in Jamaika, die Menschen haben immer eher auf die Melodie
der Reggae Music gehört, weil Patois recht schwer zu verstehen war,
und jetzt gibt es plötzlich deutsche Texte, natürlich auch bezogen
auf einen anderen Hintergrund und ich wollte nur wissen ob ihr versteht
über was die deutschen Artists so texten.

An wen aus der deutschen
Szene wollt ihr big ups schicken?

Red Rat: Jedem der Red Rat
und Buccaneer über die letzten Jahre supportet hat, jeden der eine
Rolle spielt in der deutschen Reggae Szene, Artists, Soundsystems, Bands,
Promoter, die TV – People, Magazine, Respekt ihnen allen, es ist einfach
cool, wenn man irgendwo hinkommt und die Menschen dort deine Kultur kennen
und sich dafür interessieren.

RootZ: Reggae hat es geschafft,
von einer kleinen Insel, zu einer internationalen Kultur zu werden; oder?

Red Rat: Ja, ja, Old Babylon.

RootZ: Wo seht ihr die Zukunft
von Reggae, insbesondere im Bezug auf Babylon, wo ja schließlich
auch die ganzen Major Labels sitzen?

Red Rat: Nun, wenn man sich
die Entwicklung von Hip Hop und Rap ansieht, dann denke ich, dass Dancehall
der Sound für die Zukunft ist, alles muss noch professioneller werden,
Labels mit mehr finanziellem Potential müssen anfangen Dancehall Musik
zu pushen. 

Buccaneer: Es muss sich alles
finden, mit HipHop war es doch das gleiche, es war eine Musik aus dem Untergrund.
Im Grunde war es mit Dancehall genauso, bis Shabba kam, er hat als Hardcore
Dancehall DJ den Dancehall auf ein unvorstellbares Level gebracht.

RootZ: Und wurde dafür
auf Jamaika geächtet…

 





Buccaneer: Nein, nicht wirklich,
zum Beispiel hat er vor ein paar Tagen bei einer Show auf Jamaika mitgemacht.
Er ist zurück auf Jamaika. Klar war er der Szene dort entschwunden,
aber das entscheidet schließlich jeder selbst. Persönliche Gründe
und so, aber die Menschen dort lieben Shabba seit Jahren. 

Red Rat: Er ist ein sehr
außergewöhnlicher Artist. Und es bleibt doch jedem selbst überlassen,
wie man seine Karriere aufbaut.

RootZ: Jetzt mal zu einem
ganz anderem Typen, Sizzla, er hat innerhalb von 3 Monaten, 3 Platten auf
3 verschiedenen Labels rausgebracht, was haltet ihr denn so von ihm?

Red Rat: Da gibt es eine
Menge zu sagen….

Buccaneer: Sizzla ist eine
Musik Maschine, den ganzen Tag im Studio von morgens bis abends, das überrascht
mich nicht, dass er 3 Alben in 3 Monaten rausgebracht hat…

RootZ: Aber auf 3 verschiedenen
Labels…?!

Red Rat: Nun ja, wenn man
sich nicht entscheiden kann, dann bedient man eben alle, nimm du ein bisschen
was, du auch und du auch. 

RootZ: Denkt ihr, dass er
mit so einem hohen Output an Qualität verliert?

Buccaneer: Nein, er ist immer
noch ein sehr guter Artist, er hat nichts an Qualität verloren.

RootZ: Was sind denn so eure
nächsten Pläne?

Red Rat: Mehr Songs, mehr
Alben, es gibt kein Limit.

Buccaneer: Ich will nur Musik
machen, das ist mein Ding, ich werde an meinen Vibes arbeiten, das wichtigste
für mich ist es gute Musik zu machen, dann geht es mir gut.

RootZ: Orientiert Ihr Euch
eher international oder nach Jamaika?

Buccaneer: Für mich
persönlich steht die Kunst an erster Stelle, die Dancehall Kultur,
früher war ich nur auf Underground fixiert, aber heute fange ich an
beides zu bedenken, den Untergrund und das Kommerzielle. Der Rest der Welt
hat nicht wirklich einen Bezug zum Hardcore Dancehall, deswegen will ich
jetzt auch den kommerziellen Aspekt mit einbeziehen, wie es auch Shaggy
und Beenie Man tun. Wenn ich jetzt ins Studio gehe, dann nehme ich zum
Großteil Dancehall auf, aber auch ein paar kommerzielle Sachen, bekannte
Sachen zu denen mehr Leute einen Zugang haben, auch wenn sie den Text vielleicht
nicht verstehen (singt)   fade away, fade away, fade away, solche
Sachen.

RootZ: Noch eine letzte Frage,
wir sind ein Online Magazine, was haltet ihr denn so vom Internet?

Red Rat: Was ich vom Internet
halte? Na ja, es ist ein Medium, das man sich sehr gut zu Nutze machen
kann, aber wenn man zu wenig Plan davon hat, dann kann es einen auch ganz
schön durcheinander bringen, man muss schon wissen, wie man damit
umgeht. Es ist auch ein guter Weg um Musik zu promoten, aber wenn man keine
Ahnung hat, dann endet auch das im Chaos.

Buccaneer: Alles hat seine
guten, aber auch seine schlechten Seiten. Ich glaube wir verdanken dem
Internet eine ganze Menge, im Bezug auf Musik Promotion, insbesondere Dancehall.
Bevor das Internet so weitverbreitet und zugänglich war, machte die
Musik auf Tapes die Runde, jetzt hat jeder die Möglichkeit die neuesten
Sachen sofort zu bekommen, auch in Russland oder sonst irgendwo. Das ist
cool, die Musik verbreitet sich über die ganze Welt.

RootZ: Seid ihr selbst im
Netz präsent?

Red Rat: Meine Homepage ist
noch im Aufbau, die Adresse ist www.redratworld.com, also checkt sie mal
aus.

Buccaneer: Ich habe bis jetzt
noch keine Seite.

RootZ. Thanx for the interview. 


Copyright Bilder:
Miguel B.  / Doc Highüz / Text: Nadine Z.  / Doc Highüz
/  Layout: Doc Highüz 2002
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