Interview mit Mono und Nikitaman


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Interview

mit Mono & Nikitaman 

Oldenburg, 07. Oktober

2006 

von Joscha Mergelmeyer

Am

6.10.2006 fand im Alhambra, dem autonomen linken Zentrum Oldenburgs, ein

Reggae Corner Special statt. Als Special Guest waren das Zweiergespann

Mono& Nikitaman und der Jamaikaner Deltaman verpflichtet worden. 

Den

Support machten Lovely Vibez und das Yalla Yalla Movement.

Das Zustandekommen dieser

heißen Reggaenacht war wie schon so oftdem Engagement von Tippo Tunes,

Yalla Yalla Movement, zu verdanken. 

Der

Auftritt im Oldenburger Alhambra von den beiden Dancehallgrößen

M&N war Teil ihrer kleinen Norddeutschland-Tour, von Wilhelmshaven

über Oldenburg nach Achim, bei der sieTippo Tunes vom YYM als Selector

unterstützte.

Tippo Tunes

Mono

& Nikitaman sind bekannt für einen Sound der sich von wunderschönem

Roots bis zu heißem Dancehall bewegt und deren Textrepertoire sich

von sozialkritischen und politischen bis hin zu Partytracks erstreckt. 

Um

22h war Einlass zum nicen price von 6-7 Euro. Kurz darauf haben die Sounds

angefangen zu spielen. Erst Lovely Vibez dann Yalla Yalla, teils mit eigenen

Tunes. 

Gegen

halb zwölf kam Deltaman mit energiegeladenem Dancehall, für den

ich mich aber leider nicht so richtig begeistern konnte. Soll heißen

er machte einen auf „rough&bling-bling Dancehall Held“ was an sich

nicht schlimm ist aber er konnte das nicht mit Skills ausgleichen… Trotzdem

war’s ja live und somit ganz okay. Nach seinem Auftritt ging’s wieder weiter

mit den Sounds. 

 

Mono

Zwischen

eins und zwei haben dann Mono & Nikitaman die Bühne betreten und

auch gleich losgelegt. Obwohl ich die beiden ja mittlerweile schon mehrmals

erlebt habe war ich wieder begeistert mit welcher ehrlichen Freude und

Energie die beiden auch diesen Abend wieder mit den Leuten feierten. Alle

wichtigen Tracks waren in den anderthalb Stunden dabei, von „Stell dir

vor (es ist Krieg und…)“ bis zum meinem absoluten Lieblingstrack „Gras

ist legal“.

Der

wie so oft wie folgt eingeleitet wurde: „Wo sind die Zivlicops? Raus mit

euch! Gut… Und wer von euch hat z.B. Stress mit dem Führerschein

wegen Gras? Jetzt schließt die Augen und stellt euch vor morgen früh

schlagt ihr die Zeitung auf und dann steht da (gesungen): „Es ist soweit

in Deutschland ist das Gras legal…“ 

 

Weil’s

an dem Abend so spät geworden ist , haben wir das Interview auf den

nächsten Morgen verschoben. So haben wir uns am Samstag morgen in

einem Café zum Interview beim Frühstück getroffen. 

RootZ.net:

Hi Mono. Hey Nick. Wo kommt ihr her? 

Nikitaman:

Ich bin gebürtiger Düsseldorfer, aber ich hab nen holländischen

Pass von meinem Vater vererbt bekommen und war auch als Kind sehr oft dort.

Nikitaman

Bin

aber vom Gefühl in deutsch. Mittlerweile bin ich auch sehr oft in

Österreich, wo ja Mono herkommt… Sag mal wo genau? 

Mono:

Aus Linz. Also Nick hat seinen angemeldeten Wohnsitz in Düsseldorf

und wir wohnen jetzt in Österreich, da ist auch unser Tonstudio… 

Nikitaman:

Ich sag mal zuhause im Tourbus, Hotelzimmern oder bei Leuten. 

RootZ.net:

Wie ist eure politische Einstellung zustande gekommen? Nik, von dir hab

ich gehört, daß du in der Punkszene groß geworden bist.

Wie kann man sich das vorstellen? 

 

Nikitaman:

Meine Mutter hat Häuser besetzt. So mit sieben oder acht Jahren bin

ich ins erste besetzte Haus gezogen. Dann habe ich in besetzten Häusern

gewohnt bis ich 17 war. Kurz ne eigene Wohnung gehabt und dann bin ich

halt wieder auf die Kiefernstraße in Düsseldorf gezogen. Die

Kiefernstraße wird mittlerweile selbst verwaltet und hat Mietverträge.

Es werden aber keine Mieten gezahlt sondern nur die Strom-, Wasserkosten.

In den 80ern gab es ne große Hausbesetzer Szene allgemein in Deutschland

und eben auch in Düsseldorf…

RootZ.net:

Und du bist eher „normal“ groß geworden, Mono?

Mono:

Ja, ich bin in Österreich groß geworden. Das behütete Familienleben

auf dem Land…

Nikitaman:

Aber schon authentisch eigentlich…

Mono:

Meine Eltern haben nen Bauernhof und ernähren sich von den Sachen

die sie selber anbauen.

RootZ.net:

Selbstversorgung? Das ist cool, ist ja heute eher selten…

Mono:

Was ich mitgenommen habe, war, daß es das beste ist wenn man sein

eigener Chef sein kann, daß man sich unabhängig macht. Das ist

mit das wichtigste, daß man weiß das man für sich selber

arbeitet und nicht für einen fernen Chef der einen am nächsten

Tag feuert..

RootZ.net:

Nick, wenn du in nem besetzten Haus großgeworden bist wie bist du

dann zum Reggae gekommen? Denn in der Hausbesetzer Szene wimmelt es doch

eher so von Punks? Zumindest dein Style ist doch eher Hip-Hop mäßig

beeinflusst.

Nikitaman:

Hip-Hop hab ich nie gemacht. Man wird halt nie so wie die Eltern sind.

Ich mein, ich war auch nie

punkig angezogen, nur weil die Leute mit denen ich aufgewachsen bin, Punks

waren. Weil ich auch nie wirklich Lust hatte so auszusehen wie die. Ich

war dann eher so normal angezogen, was dann natürlich auch nicht so

gepasst hat.

Aber musikalisch ist das

so ne Sache. Reggae war schon sehr früh mit dem Punk verwoben. Das

hört man ja an den alten Clash-Tunes. Bob Marley hatte in London,

als er dort war, auch viele Kontakte zur Punkszene.

Es kommt daher, daß

der Reggae, wie auch der Punk, eine revolutionäre Musik ist, die aus

einer Gesellschaftsschicht von Leuten entstanden ist die ein bisschen am

Rand steht und über das singt was sie beschäftigt. Und das Ganze

in einer Sprache, die die Leute auf der Straße verstehen. Das hat

wahrscheinlich der Punk mit dem Reggae gemeinsam. Was mich jetzt eigentlich

dazu gebracht hat kann ich dir so nicht sagen.

RootZ.net: Also war es nie

so, daß du irgendwann bestimmte Leute kennen gelernt hast die dich

auf irgendwelche neuen Platten aufmerksam gemacht haben?

Nikitaman: Mh, es war schon

so das ich viel mit Freunden abgehangen hab. Einer davon hat aufgelegt.

Unter anderem viel Reggae und Dancehall. Ich denk wichtig war mein Onkel,

der hat Macka-B und Mad Professor abgemischt…Und mir dann die Kassetten

gegeben, da war ich um die 17.

Mono: Man kam gar nicht darum

herum, denn Reggae war ja auch Chartmusik.

So Rivers of Babylon usw.

ist ja alles Reggae.

RootZ.net: Ihr macht Independent

Musik. Könnt ihr davon gut leben oder spürt auch ihr was von

den bösen Leuten die sich im Netz eure Tunes runterladen?

Nikitaman: Auf jeden Fall,

ich mache seit mittlerweile fast 5 Jahren Musik, also so lange lebe ich

auch schon davon. Wir kriegen halt die Fahrtkosten wieder und unsere Gage,

das ist aber eigentlich auch nicht viel mehr Geld als der Techniker verdient,

der den ganzen Abend bei so nem Konzert arbeitet…

Mono: Ich bin schon erstaunt

das es so gut aufgenommen wird, also das wir Independent sind. Ich hab

schon erlebt das Leute nach nem Konzert zu uns gekommen sind und uns 10

Euro in die Handgedrückt haben, mit den Worten „Sorry ich hab’s mir

aus dem Netz gesaugt“. Da freut man sich dann schon. Natürlich ist

der T-Shirt verkauf auch eine gute Hilfe.

Nikitaman: Es sind ja nicht

wir allein, die den Club zum kochen bringen, das sind alle die mit organisieren,

denn wir spielen mittlerweile fast jedes Wochenende und dann ist es schon

toll wenn alles klappt. 

RootZ.net: Auf eurem 2. gemeinsamen

Album „Für Immer“ tritt das Thema Weed und Legalisierung in den Hintergrund.

Auf deiner ersten Platte „Ahh…loco..?“ und euerm ersten gemeinsamen Album

„Das Spiel beginnt“ waren noch einige Weed-Tunes dabei…

 

Nikitaman:

Mann muss ja nicht in jedem Lied vom Kiffen singen. Wir haben die Lieder

„Mein Weed“ und „Gras ist legal“ im Repertoire und singen sie auch auf

jedem Konzert, weil es einfach krass ist, dass so viele Menschen wegen

Gras kriminalisiert werden. So viele Jugendliche müssen sich auf Polizeiwachen

ausziehen und werden durchsucht, das ist menschenunwürdig. Aber wenn

der Grund ein anderer wäre, würde ich genau so darüber singen!

Denn ich trink auch gerne Kaffee, der ja zum Glück legal ist, aber

ich hab noch kein Kaffee Lied gemacht, bis jetzt.

RootZ.net:

Ihr habt jetzt um die 100 Shows im Jahr gespielt. Wie sieht’s aus mit nem

neuen Album aus, und hattet ihr überhaupt Zeit dazu?

Mono:

Wir arbeiten dran, kontinuierlich. Wir haben jetzt 5 neue Lieder. Im Sommer

ist es immer schwierig, was zu machen weil ich da einfach draußen

sein muss…Nikitaman: Also wir sammeln jetzt so unterwegs schon ein bisschen

und dann werden wir uns wieder in unserem Studio verkriechen. Es wird auf

jeden Fall schneller gehen als letztes Mal. Frühjahr wohl eher nicht,

eher so Sommer 07…

Mono:

Beim letzen Album war’s so, daß wir uns ne neue Band suchen und das

neue Studio aufbauen mussten, diesmal liegt schon alles bereit.

RootZ.net:

Das Label Rootdown, bei dem ihr seid, hat jetzt sein fünfjähriges

Jubiläum gefeiert. Zu dem Anlass habt ihr ne kleine Tour mit den anderen

Rootdown Künstlern gemacht. Wie war die Zusammenarbeit so?

Mono:

Super. wir freuen uns immer total wenn wir uns sehen.

Jeder hat sein Ding am laufen,

aber es ist immer total herzlich wenn wir uns treffen.

Wir haben Zürich, München,

Dortmund gespielt. Es waren extrem geile Gigs.

Nikitaman: Ja, die Crowd

war extrem super, es hat voll Spass gemacht. Früher hab ich mit Flo

und Nosliw mehr Konzerte gespielt, als wir noch zu dritt am Label waren.

Mittlerweile ist es so, dass Flo in Frankfurt ist, Nosliw ist nach Berlin

gegangen, Mono und ich sind in Düsseldorf und Linz. Es ist so, daß

wir uns jetzt nicht mehr so oft sehen.

RootZ.net: Was für eine

Botschaft soll rausgehen?

Mono: Ganz wichtig ist, daß

wir gegen jede Ausgrenzung sind, gegen Unterdrückung jeder Art, das

wir aber auch wollen das die Leute Spass haben und feiern und optimistisch

sind!

Nikitaman: Ich möchte

mit meiner Musik den Leuten sagen, daß es möglich ist, ein selbstbestimmtes

Leben zu führen. Und daß man eine revolutionäre Sichtweise

der Dinge behalten kann, ohne daß diese in Frustration gleitet, denn

es kann auch Spaß machen. Es muss nicht unter nem Stapel von Flugblättern

und Büchern und ner Theorie vergraben werden! Es muss nicht so bleiben

und das weiß jeder von uns!

Diese Hoffnung ist es auf

jeden Fall die wir vermitteln wollen, auch wenn’s aussichtslos aussieht

man kann was verändern, jeder kann das!

Mono: Es gibt von Attac diese

Aussage „Eine andere Welt ist möglich“.

Nikitaman: Du kannst doch

nicht sagen das die Grundaussage unserer Arbeit dieselbe ist wie die von

Attac!? Ich möchte kein Musiker der Globalisierungsgegner sein. Ich

bin nicht Teil einer Gruppe oder einer kleinen Bewegung oder Organisation.

Ich steh mit meiner Meinung alleine, die ich in manchen Punkten mit verschiedenen

Leuten teile.

Aber ich möchte mich

nicht einschnüren lassen in meiner Meinung. Ich mach gerne was mit

Antifas, aber ich bin nicht bei der Antifa. Ich kann Greenpeace unterstützen,

aber ich bin nicht bei Greenpeace.

Mono: Ich finde aber, daß

es sehr wichtig ist, daß es solche Gruppen wie Attac gibt und solche

Bewegungen, die gegen eine Gesellschaft aktiv angehen und die nicht nur

drüber reden, sondern auch was tun. Das find ich sehr sehr gut. Ich

hab auch keine Vorurteile, was für Leute da dabei sind, ich find es

nur wichtig, daß sich Leute mobilisieren und auf die Straße

gehen und für das einstehen, was sie für richtig halten.

RootZ.net: Welche Show hat

euch dieses Jahr meisten Spaß gemacht?

Nikitaman: Jede Show bei

der etwas vom Publikum zurückkommt. Wenn man auf der Bühne steht

und Energie rausgibt dann will man ja auch, daß was zurückkommt,

dann funktioniert es und die Lieder werden lebendig. Es waren sehr sehr

viele Shows. Bersenbrück war natürlich ein großartiger

Gig dieses Jahr, auf jeden Fall. Unsere Release-Tour im März war auch

sehr schön, jetzt diese Rootdown Allstars Tour und gestern der Gig

waren auch extrem geil.

RootZ.net: Seid ihr gläubig?

Nikitaman: Also ich glaube,

nein ich weiß, daß es auf jeden Fall mehr gibt als die materielle

Welt die wir sehen können und an die Existenz an Seelen und Menschen

auf jeden Fall. Jeder hat da so sein Bild, das sich entwickelt je älter

man wird.

Mono: Ich glaub auch an irgendwas,

aber ich kann’s nicht so in Worte fassen. Also ich glaub, daß jeder

an irgendwas glaubt, auch Atheisten glauben an irgendwas sei’s ihr Auto

oder ihr Geld.

Nikitaman: Auf der anderen

Seite muß ich jetzt ganz ehrlich sagen, daß wenn wir nur reine

biologische Masse sind und unser Gehirn uns nur vorgaukelt, daß es

noch irgendwas anderes gibt, damit wir weiter existieren, fänd ich

das auch nicht so schlimm. Ich bin der Überzeugung, im hier und jetzt

isses super! 

Man sollte nicht darauf

warten, daß es irgendwann (von alleine) besser wird. Und daß

man dann irgendwo anders die Glückseligkeit finden wird. Man sollte

versuchen sie am besten heute innerhalb der nächsten Stunde zu erreichen,

dann ist gut.

RootZ.net: Aber das genau

ist ja die Lüge der Kirche, die über hunderte von Jahren aufrecht

erhalten wurde. (Aber genau das, dieser Kampf im hier und jetzt das ist

Rastafari, wir kämpfen hier und jetzt für eine bessere Welt.)

Mono: Ich glaube auch auf

keinen Fall an eine Institution wie die Kirche. Ich glaube, daß in

jedem Menschen etwas Schönes ist, um es zu vereinfachen. Ich glaube

an etwas Schönes.

RootZ.net: Noch ein letzter

Gruß an die Leser?

Mono: Habt Spaß und

kommt auf unsere Konzerte und, wenn ihr uns unterstützen wollt, kauft

unsere CD’s (und T-Shirts)!

RootZ.net: Vielen Dank ihr

beiden!


Copyright Text / Photos:

Joscha Mergelmeyer / Layout: Doc Highgoods 2006

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