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The World of Reggae Tour
Termine September und Oktober

Es sollte eine Tour mit hochdekorierten Musikern aus der Reggaeszene werden. Der Flyer, der die Show ankündigte nannte neben mir nicht bekannten solch namhafte Künstler, wie Michael Prophet, Frankie Paul, Trevor Daily und Errol Dunkley, die auf dieser Tournee eine gemeinsame CD-Produktion vorstellen wollten, an der sie mitgewirkt haben. Mittelpunkt dieses Projektes ist ein relativ neues Studio im Land der legalen grünen Kräuter, das sich den Namen Karma Touba gegeben hat. Gemanagt wird das Studio von einem Team aus Surinamesen, die musikalisch guten Geschmack beweisen, aber finanziell offensichtlich nicht viel Knowhow mitgebracht haben.

Wer bei diesem Artikel eine reguläre Konzertkritik erwartet, wird leider ein wenig enttäuscht sein. In diesem Bericht geht es nur um eine kurze Darstellung der unglücklichen Umstände, die im Endeffekt dazu geführt haben, daß die Tour vor ihrem offiziellen Ende abgebrochen wurde. Ich hoffe für alle Beteiligten Musiker, Zuschauer, Veranstalter, Promoter und wer sonst noch beteiligt war, daß diese kleine Katastrophe wenigstens ohne größere finanzielle Verluste den Bach runtergegangen ist, vermute jedoch eher, daß es bestimmt das eine oder andere Nachspiel geben wird.

Musikalisch kann Dr. Igüz Euch überhaupt nichts zu dieser Veranstaltung erzählen, denn zur Zeit des Konzertes in Essen war die RootZ Crew damit beschäftigt, bei der Kronenburg Reggae Night als Soundsystem gute Laune zu verbreiten und die Tanzbeine zum Skanken zu bringen. Die Show, die wir uns aus Gründen der Entfernung alternativ ausgesucht hatten, war die Vorstellung in Mannheim, die dummerweise schon nicht mehr stattgefunden hat. Also, keine Soundnews, aber dafür andere Hintergründe.

Was ist passiert, daß eine Tour mit so großen Namen einfach gekippt wird? Ein Gespräch zwischen mir und Helga vom Café Cuba, die mich netterweise vor einer sinnlosen Fahrt nach Mannheim bewahrt hat, brachte schon 'mal einiges zu Tage. Das erste war, daß Errol Dunkley nicht im Team war, wie gerne hätte ich diese Stimme, die sich seit dem Ende der Fünfziger Jahre auf Jamaika, übt einmal mit dem Original von "Betcha by Golly Wow" gehört, letztlich bekannt geworden als Version auf "Emancipation" dem ersten freien Album seiner körperlich zu klein geratenen Geilheit aus Minneapolis. Es gibt keine bessere Fassung, als die von Errol interpretierte Version.

Das Problem waren nicht die ausgefallenen Musiker, sondern ganz offensichtlich die mangelnde Liquidität des Tourveranstalters und Inhabers von Karma Touba, Herrn R.A. Adely. Das bekamen die Künstler, sowie die lokalen Veranstalter schon im Vorfeld der Tour zu spüren, als die vereinbarten Vorauszahlungen garnicht oder nur zum Teil geleistet wurden.

Die Tour lief gut an, im "Efes" in Essen war noch richtig Partystimmung und die Show selbst war laut den Leuten, die mir Bericht erstattet haben, erste Sahne, Party von neun Uhr abends bis in die frühen Morgenstunden. Fünfhundert Leute skankten, was ihre Beinmuskulatur hergegeben hat. Ähnlich, immer mit mehreren Hundert Zuschauern liefen auch die Shows in Hannover, Jena, Berlin und Amsterdam ab, eigentlich hört sich das nach Erfolg an.

Als die Leute aus dem Café Cuba dann von Zuschauern in Hamburg angerufen wurden ahnten sie schon etwas Fürchterliches: Vermutlich hat Mr. Adely es nicht hinbekommen, genug finanzielle Ressourcen zu aktivieren, um die Musiker zu bezahlen, so daß diese abgereist sind und den Mann ohne Programm stehengelassen haben. So standen in Hamburg und Mannheim jeweils ungefähr dreihundert Leute vor verschlossenen Konzerthallen und niemand wußte, was abgeht.

Ist diese Unzuverlässigkeit und Unverbindlichkeit, gar Unverschämtheit ein Phänomen in der Reggaeszene, das immer stärker wird? Ich möchte hoffen, daß dem nicht so ist, denn nicht nur die Fans werden immer enttäuschter, sondern auch die Musiker werden dieses Land immer skeptischer betrachten, die verschissen hohe Ausländersteuer ist schon eine ausreichend hohe Hürde. Hinzu kommt daß sich immer mehr Firmen und Einzelpersonen, die an solch einem Projekt mitarbeiten, schnell die Finger verbrennen können.

Die Leute vom Café Cuba, welche von Mr. Adely über ihre andere Firma "Kingman Music" für Promotion und teilweise auch für das Booking und die Künstlerbetreuung eingekauft waren, könnten davon ein Liedchen trällern. Und das wäre garantiert kein Tune von Love, Peace und Happiness im rot-gelb-grünen Reggaegewand, sondern wahrscheinlich eher eine dunkle Hassmelodie. Jedenfalls gibt es neben Kohle noch eins zu verlieren und das nennt sich Reputation. Egal, wer es verbockt hat, wenn etwas schiefgeht, bekommen leider alle Beteiligten ihr Fett ab, ob sie Veranstaltungsorte für die Shows buchen, wie Kingman Music, oder ob sie für ein Festival Werbung machen, wie IRIE. Ich bin sicher, wenn Ihr ein paar Male bei RootZ über Konzerte gelesen habt, die dann nicht stattfinden, dann denkt Ihr auch, daß man den Infos aus dieser Quelle wohl nicht trauen kann.

Diese Schlamperei in der Reggaeszene muß ein Ende haben! Die Fans haben ein Anrecht auf zutreffende Infos, wann wer wo spielt. Wenn es so weitergeht, wie bisher, dann sieht Dr. Igüz dieses Land bald als eine Reggaewüste, die nur hier und da ein paar Oasen von lokalen Bands oder mutigen internationalen Künstlern aufweisen kann. Ich fordere Euch auf: beschwert Euch massenhaft bei den Veranstaltern, die nicht halten, was sie vorher versprechen, Ihr habt schließlich dafür bezahlt.


Copyright: Dr. Igüz 1998