U-Roy – Köln, Prime Club 29. September 1998


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U-Roy – Köln,
Prime Club
29. September 1998

Als wollten
sie die Goldenen Zeiten des Reggae der Siebziger Jahre wiederauferstehen
lassen, so klassisch war der Set der Musiker von der “Winward Road
Band” aufgebaut. Zunächst gab es Alltime-Reggae-Klassiker zum
Mitsingen, wie “There is a land far far away…” und ein paar
Instrumentals, die durch den Einsatz eines fantastischen Bläsersatzes,
bestehend aus Posaune, Sax und Trompete einen rootsigen Touch bekamen,
daß es nahezu traurig war, als Skully, ja genau der Skully, der mit
den Ur-Wailers schon zusammen war, zum Mikrofon geleitet wurde um seinen
Vocal-Part der Show abzuliefern.

Es ist ein Erlebnis, wenn dieser alte Mann seine Stimme erklingen
läßt und dazu seine Glieder bewegt, als wäre er ein Mittzwanziger
Hüpfer, dessen Knochen aus Gummi gemacht sind. Und es hat mich an
dem Abend erstaunt, wie er als blinder Mann solch ein Gleichgewichtsgefühl
entwickeln kann, jedenfalls hätte ich mich als sehende Person wahrscheinlich
bei dem einen oder anderen Skank von Skully auf die Nase gelegt. Nach vier
Songs und sehr viel Applaus vom Publikum wurde der alte Mann zurück
an seinen Stammplatz, in die Mitte der Percussioninstrumente, geleitet
und der Daddy aller Toaster, U-Roy, erklimmt die Bretter des Prime Clubs.

Der Reggae Daddy legt sehr viel Wert auf seine Bühnengaderobe.
Nicht nur, daß ein Hut nie fehlen darf, auch an Klamotten hat U-Roy
immer etwas Ausgefallenes zu bieten. An diesem Abend trägt er einen
Zweiteiler aus braunem Satin und dazu einen farblich passenden hohen Hut
aus Samt. Klamotten hin und her, U-Roy selbst ist schon eine Erscheinung,
die mensch so schnell nicht vergißt: ein proportional viel zu groß
geratener Kopf auf einem recht kurzen Körper mit zu langen Armen,
die fast bis an die Kniekehle reichen. Seine Klamotten, die Körperproportionen
und der Daddy-U-Roy-typische Gesang lassen den Mann so sympathisch wirken,
daß er wie ein Teddybär zum Knuddeln einlädt.

An diesem Abend im Kölner Prime Club besteht das Konzertprogramm
aus einer Übersicht seines Schaffens der vergangenen fünfundzwanzig
Jahre und der DJ-Daddy spielt alle seine Hits, wie “Small Axe”,
“Wear You to the Ball” oder “Version Galore”. Stimmlich
unterstützt wird er dabei von einer mir unbekannten Backgroundsängerin,
die eine Stimme hat, daß es mir manch ein Mal kalt den Rücken
runterläuft. Zu ihren Vokalattacken setzt die Lady dann auch noch
schwingende und windende Beckenbewegungen ein, daß es eine Freude
ist ihrer Choreographie zuzuschauen, wozu braucht ein Mann da noch Viagra?

Nach annähernd zwei Stunden ist das U-Roy’sche Hitfeuerwerk
verglüht, das Becken der Lady ruht in Normalstellung und auch das
Publikum ist geschafft. Als
Ausklang für den Abend gibt es noch ein paar Tunes von Konserve, aufgelegt
von einem Kölner Soundsystem. Ein richtig geiles Konzert mit leider
nur ungefähr einhundertfünfzig Gästen geht zu Ende, an der
Musik kann es nicht gelegen haben.

Abschließend noch ein Wort zum Veranstalter der U-Roy Tournee:
Revelation Concerts in Zusammenarbeit mit G.P.I. haben verdienterweise
wegen der Katastrophe auf dem IRIE’98 Festival in entsprechenden Artikeln
zu der Veranstaltung ziemlich ihr Fett abbekommen. Für die U-Roy Show
möchte ich Revelation Concerts daher ausdrücklich mein Lob aussprechen,
es gab mehr Musik, als ich erwartet habe und es war eine der besten Shows
der letzten Jahre, die ich gesehen habe.


Copyright: Dr. Igüz 1998

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