Eek A Mouse Aachen, Musikbunker 2. Dezember 1998

Eek A Mouse

Aachen, Musikbunker

2. Dezember 1998

Es ist kaum
zu glauben, wie die Reggaeszene derzeit Federn läßt, es gibt
kaum noch Konzerte, von den angebotenen Shows wird dann noch die Hälfte
abgesagt und zu der stattfindenden Hälfte kommen nur ein paar Handvoll
hartgesottener Fans. 

So auch wieder an dem Abend in Aachen. Füllte die Mouse vor
ein paar Jahren noch Hallen der Tausendergröße, war in der Stadt
an der Grenze zum Ganjaparadies ein nicht gerade großer Raum mit
einhundertundfünfzig bis zweihundert Leuten gefüllt. Im Allgemeinen
strahlte der Veranstaltungsort, ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg eher
die kalt-gammelige Athmosphäre eines besseren Proberaumes aus und
es fäält den Musikern bestimmt nicht leicht,an solch einem Ort
eine gut Show zu machen.

Die Leute waren jedoch trotz Kälte und Beton um sich herum gut
drauf und feierten schon die Vorgruppe regelrecht ab, verständlich,
denn die “Bi-Fis”, ja genau diese in Alufolie eingeschweißten, langgezogenen
BSE-verseuchten Produkte standen Namenspate, die Bi-Fis rockten so richtig
ab. Zwar war auf der Bühne nicht viel los, gerade ‘mal Kontrabass,
Stimme, Gitarre und Schlagzeug / Percussion, aber das Programm, das die
Jungs spielten war Sahne. “Pass the Dutchie” wurde mit einem deutschen
Text gleichen Inhalts versehen und auch weitere Standards jamaikanischer
Musik wurden neben eigenen Nummern von den Jungs gecovert. Übrigens
kennt man die Musiker aus einem anderen Zusammenhang, sie spielen alle
in der Krefelder Reggaecombo “Jin Jin”, die auch selbst einen richtig geilen
Sound macht, mit. Mit den Bi-Fis, die namensgleichen, eingeschweißten
Pimmelchen flogen anfänglich als Proben von der Bühne ins Publikum,
wollte sich ein Teil der Musiker von der Gruppe Jin Jin eine weitere Betätigungsplattform
schaffen und das ist ihnen sehr gut gelungen.

Gegen 22.30 Uhr war es dann aber langsam Zeit, für die Mouse
aus ihrem Loch zu kommen. Und “Loch” ist nicht untertrieben, ich habe seltener
einen kleineren, stickigeren und schäbigeren Backstageraum für
Musiker gesehen, wie in diesem Bunker. Aber womit bekommt man jede Mouse
aus jedem Loch? Genau, mit Käse… der Doktor hatte sich allen Ernstes
überlegt, ein Pfund für die hühnenhafte Star-Mouse des Abends
mitzubringen. Als ich dann jedoch die von ihm selbst besungenen “six foot
six” noch eimal livehaftig gesehen habe, dachte ich mir, daß ich
diesen Riesennager wahrscheinlich mit der Aktion, die Frau Antje bestimmt
die Schamesröte ins sonst eher blasse Gesicht treiben würde,
nur verärgert hätte. Es ist ja bekannt ist, daß Eek A Mouse
nicht der einfachste Charakter, sondern eher ein wenig verliebt in das
eigene Mäuseich ist. Aber das Publikum schaffte mit dem von ihm erzeugten
Phonnpegel, was der Doktor mit einem Stück vergorener Milch nicht
geschafft hat: Eek A Mouse schritt mitten durch die Leute zu seinem Auftritt.

Egal, auf der Bühne abgehen, wie Speedy Gonzales, die schnellste
Maus der Welt, das kann der Mann und das hat er an dem Abend auch wieder
bewiesen. Seine Show war ein Gemisch von Hits aus allen seinen Alben, besonders
gefeiert wurden natürlich “Ganja Smuggling” und “Wa Do Dem?”. Und
wenn ich “feiern” schreibe, dann meine ich feiern, denn die knappen zweihundert
Menschen brüllten sich dabei die Kehlen heiser, als sie die Refrains
der bekannten Songs begleiteten oder auf die Fragen der Mouse antworteten.
Und der Riesennager sonnte, wandte und modelte sich im Erfolg des Abends.
Es ist immer wieder ein außergewöhnlicher Anblick, wenn solch
ein recht gut gebauter Zwei-Meter-Mann sich hinstellt und posiert, wie
eine Schönheitskönigin auf ihrem Ball oder ein Top-Model auf
dem Laufsteg. Eigentlich unpassend, aber Eek A Mouse bringt diese “Etepetete-Nummer”
perfekt und mit so viel Humor und Überzogenheit, daß es ein
Spaß ist, ihm dabei zuzugucken, ganz besonders, wenn dabei seine
überdimensioniert lange Zunge im Einsatz ist und die Mädels im
Publikum beginnen bei Anblick dieses Organs, überzuschäumen.

Um eine passende
Metapher zu verwenden, gab es in Aachen ein paar Meter unter der Erde im
“Mäusebau”, zwei Stunden lang ein “Best of the Mouse”, aber dann hat
er sich auch endgültig in sein schäbiges Backstagequartier zurückgezogen
und nur noch Kollegen der Band, und ein paar Mädels zu sich hereingelassen,
obwohl uns von ihm höchstpersönlich vor dem Konzert ein Interview
nach der Show zugesagt war. U 2, meine werte Kollegin, hatte da als Frau
im Juli 1997 bei dem gleichen Anliegen etwas mehr Erfolg. Der Doktor überlegt
sich jetzt schon ernsthaft, ob er bei sich selbst Hand und Skalpell ansetzen
sollte, um seinen Brustumpfang mit einem Paar Silikonkissen aufzumotzen
und sich etwas regelmäßiger zu rasieren, denn bei dieser Mouse
helfen offensichtlich weder Ganja, noch Käse, um das Nagetier zu locken,
sondern nur ein ordentlicher Hormonstoß seinerseits, um in den Mäusebau
vordringen zu können. Tja, für ein Interview mit der größten
Maus der Welt werde ich gar zum Transvestiten. Auf daß es der “Frau
Doktor” das nächste Mal gelingt, die Mouse für Euch vor’s Mikro
zu bekommen. 


Copyright Photos: Holger / Text: Dr.
Igüz 1999

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