Outkast – Aquemini

Music from the Planet “Stank-O-nia” – HipHop zwischen Malerei
und Hundezucht

Zwischen P-Funk
und G-Funk, zwischen Compton und Brooklyn, zwischen Dichterfürst und
Cassanova, zwischen Southernplayalisticadillacmuzik und SpottieOttieDopaliscious
liegt OUTKAST, das HipHop Duo aus Atlanta. Andre (Andre Benjamin) und Big
Boi (Antwan Patton) erschienen anläßlich ihres dritten Longplayer
“Aquemini” kurz vor Weihnachten in Deutschland, zum einen um
der Fangemeinde ihr neustes Werk live zu präsentieren, zum anderen
um dem interessierten Journalisten die Polarität ihrer Musik zu erklären.

1994 betraten die Außenseiter Antoine und Andre den Aufzug
von Kenneth “Babyface” Edmonds und Antonio “L.A.” Reid
im LaFace-Firmensitz Atlanta und veröffentlichten unter der Produzenten-Herrschaft
von Organized Noize (TLC, En Vogue, Goodie Mob) ihr Debut “Southernplayalisticadillacmusik”.
Ihre erste Single “Player’s Ball” erreichte innerhalb weniger
Wochen Goldstatus und die versammelte HipHop-Welt wurde der neuen Strömung
aus dem Süden der Vereinigten Staaten gewahr. 2 Jahre später
ging es für sie im “Elevator” noch einige Etagen höher.
Auf “ATLiens” gaben die “Two dope boyz (in a cadillac)”
eine Platin-Vorstellung davon ab, was Zukunftsmusik sein kann. Und nach
“Aquemini”, ihrer letzten Veröffentlichung aus dem vergangenen
Jahr, kann man getrost feststellen, daß der Lift für OUTKAST
noch immer weiter nach oben zu fahren scheint.

Aus dem Organized Noize “The Dungeon” Studio entkommen,
produzieren Andre und Big Boi mittlerweile den größten Teil
ihrer Songs selbst und haben gerade mit “Earthtone Productions”
ein eigenes Label gegründet. In diesem Jahr wollen die Beiden mit
ihren ersten Veröffentlichungen auf den Markt drängen. Andre
gibt die Stil-Mischung wieder: “Alle Richtungen von Musik werden auf
diesem Label vertreten sein: Soul, Funk, HipHop und R’n’B.” Von den
schon unter Vertrag stehenden Künstlern wollte man auf die anschließende
Frage jedoch noch keinen preisgegeben.

In den letzen Jahren scheint der Süden der Vereinigten Staaten,
insbesondere das Gebiet um Atlanta, eine hohe Attraktivität auf alternde
Musiklegenden auszustrahlen. Neben Curtis Mayfield, Bobby Byrd, Isaac Hayes
und Eric Sermon hat es auch Chuck D seit neustem in den Orangen-Staat vertrieben.
Big Boi kennt die Gründe: “Atlanta ist das neue Capitol für
Musik. Es ist nicht so schnelllebig wie Los Angeles oder New York. Bei
uns hat man mehr Platz, mehr Zeit. Wir haben jede Menge Bäume, viel
Frieden und unendliche Ruhe.” Und Andre wirft ein: “Every day
is a holi-day”

Das unverkennbare “Laid Back”-Lebensgefühl des Südens
spiegelt sich ebenfalls im Gebrauch der Sprache wieder, einem Slang der
gerade im HipHop aus diesen Breiten oft zu Irritationen führt. So
scheint vieles in den Texten von OUTKAST codiert zu sein, und macht daher
beim ersten Hören kaum, oder wenig Sinn. Mr Patton versucht zu erklären:
“Wir im Süden reden halt so langsam und entspannt. Vieles aus
dem Slang wird oft jedoch falsch interpretiert. Aber falls du mal nicht
mehr weiterweißt, werden wir es für dich übersetzen.”
Und Mr Benjamin fährt fort: “Manchmal machen wir uns daraus aber
auch einen Spaß. Dann hauen wir euch die Wörter nur so um die
Ohren. Wir behandeln 100 Themen in einem Wort. Wenn du jedoch eine Zeit
lang damit lebst, dann fängst auch du an es zu verstehen.”

Die Wortkreationen aus dem Hause OUTKAST sind Programm und gleichzeitig
Symbol für die Unterschiedlichkeit der beiden Charakteren, Big Boi
und Andre. So setzt sich der Titel ihres letzten Album “Aquemini”
aus Aquarius, dem astrologischen Zeichen für den Dichter, und Gemini,
dem Zeichen für den Liebhaber, zusammen. Ähnlich kontrovers sind
die Freizeitbeschäftigungen von Poet und Player. Big Boi züchtet
amerikanische Pitbull-Terrier: “Diese Grauen mit den blauen Augen.
Ruf doch einfach mal 001-770716-0813 an und frag nach meinem Bruder James.”
Andre zieht eine leere Leinwand dem blutigen Zwinger vor: “Ich zeichne
und male. Das Mädchen auf der neuen CD ist von mir. Hauptsächlich
sind es erotische Malereien. Die kann man aber auch alle demnächst
unter www.outkast.com bestellen.”

Die Nähe zu den Legenden der Musik, aber auch die Anerkennung
ihres eigenen Stils haben OUTKAST für ihr letztes Album schon einige
namhafte Gastauftritte eingebracht. So ließ sich George “Godfather”
Clinton, der die Crew aus Atlanta auf der Smokin’ Grooves Tour 1997 kennenlernte,
zu einem Ständchen einladen. “The Father of Funk was diggin’
what we’re doing. Er sagte uns zu, solange wir auch auf seiner nächsten
Platte dabei sein würden.” Obwohl sich auf Aquemini neben George
Clinton noch Erykah Badu, Raekwon, The Goodie Mob, Cool Breeze, Witchdoctor
und viele andere mehr das Mikrofon teilten, gibt es auch weiterhin eine
interne Wunschliste, die so manche musikalische Überraschung in der
Zukunft bieten könnte: “Sade, Prince, Cypress Hill, Gill Scott
Heron, Sly Stone…”

“Du kannst nicht ewig rappen.”, wendet Andre noch zum Ende
des Interviews ein. Kein Wunder also, daß man deshalb für dieses
Jahr weitere Seiten-Projekte in Betracht gezogen hat. Neben OUTKAST und
dem Label “Earthtone”, der Hundezucht und den Bildern, soll es
Filme und Bücher von Andre und Big Boi geben. Der Text aus dem Titelsong
von “Aquemini” beschreibt es vielleicht noch etwas genauer: “Don’t
get caught up in the appearance, It’s OutKast Aquemini, another black experience.”


Copyright Text: Stefan
Faber
/ Layout: Dr. Igüz 1999

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