Ziggy Marley and the Melody Makers – Spirit of Music



 

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Musik

Ziggy Marley and
the Melody Makers – Spirit of Music

Hey, der Mann
ist erwachsen geworden – das war mein Eindruck nach Abhören des aktuellen
Albums „Spirit of Music“ vom musikalisch aktivsten Sprößlings
des Reggaevorderen Bob Marley. Da kommt kein Tune mehr im Fahrtwasser der
Arbeit des Vaters Bob daher, da ist keine Abkupferei der alten Tuff Gong
Sounds mehr im Gange, nein, dieses Album ist der Beweis dafür, daß
Ziggy sich von seinem Dad emanzipiert hat. Ein Freund sagte letztens zu
mir: „ Der einzige Makel, den Ziggy musikalisch hat, ist, daß er
der Sohn von Bob Marley ist“. True – denn kämen die Songs von einem
x-beliebigen Musiker, würden die Zuhörer es nicht erwarten, daß
der Sänger aus dem Überschatten irgendeiner Legende tritt.

Spirit of Music ist nicht nur Emanzipation vom Dad, das Album geht
zusätzlich noch Wege apart vom Reggae. So startet es mit der satten
Bluesnummer „Keep My Faith“, gefolgt von zwei Tunes, die man wahrscheinlich
eher U.S.-amerikanischen Songwritern zurechnen würde. Und dieser Faden
zieht sich durchs Album – mehr balladesk denn Reggaegroove, den man nur
auf ganz wenigen Songs hört. Allerdings beschränkt sich die Weiterentwicklung
der Band auf die musikalische Seite. Textlich gesehen werden nach wie vor
Rasta Lyrix, Peace and Love, Spliffing und Unity geboten. Vielleicht soll
das erweiterte Musikkonzept Ziggy als Vehikel dienen, Leute zu erreichen,
deren Ohren bisher für die Message verschlossen waren.

Der erzielte musikalische Abstand von seinem berühmten Vater
erlaubt es Ziggy gar, eine Nummer von Bob zu covern, ohne großartig
das ursprüngliche Arrangement zu ändern. Der Tune „High Tide
or Low Tide“ ist eine wunderschöne Ballade über das Zusammenleben
eines Paares mit all seinen Hochs und Tiefs. Es stammt aus dem Anfangswerk
der Wailers und ist auf „Spirit of Music“ von Ziggy neu belebt worden –
straight into the next millennium. Obwohl über dreißig Jahre
auf dem Buckel, paßt der Song problemlos zu den anderen Tracks des
Albums und Ziggy zeigt damit, daß er es hervorragend versteht, das
Werk seines Vaters mit Respekt und Gefühl zu interpretieren.

Daß die Musiker mit ihrem Album neue Gebiete erschließen
wollen, ist offensichtlich. Man kann es nicht nur an den sehr akkustischen
Arrangements und der breiten Genreorientierung der Songs merken, man kann
es auch deswegen annehmen, weil sich die Melody Makers als Produzenten
keinen Anderen als Mr. Don Was ins Studio geholt haben. Einen Fremdkörper
hat jedoch auch der Don auf der Scheibe überhört: Der neunte
Tune „Let it Go“ schlägt mit seinem Versuch an Bob’s alten Knüller
„Exodus“ heranzureichen, so aus der Richtung des Gsamtwerkes, daß
man ihn besser gar nicht aufs Album getan hätte. Dafür gibt’s
als Hidden Track mit der Alternativversion von „Many Waters“ einen wunderschönen
Ausgleichstune.


Copyright: Dr. Igüz 2000

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