RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

Spiegel

online 23. Oktober

2006

BIO-DIESEL

AUS AFRIKA

Von

der Savanne in den Tank

Von

Stefanie Helsper

Afrika

– der Öl-Gigant der Zukunft? Selbst in dürren

Savannenlandschaften wächst eine Pflanze, die sich bestens zur

Produktion von Bio-Diesel eignet. Nele Sutterer, 29, erforscht in

Madagaskar den Rohstoff, der arme Staaten zu reichen Sprit-Lieferanten

machen könnte.

Es

gibt keinen Strom, kein

fließend Wasser in Mahatsinjo. Und die Dorfbewohner hatten noch

nie eine “Vazaha”, eine Fremde, getroffen. Dann kam Nele Sutterer aus

Stuttgart, um dort, mitten in der hügeligen Grassavanne

Madagaskars, zwei Monate lang zu leben. Die 29-jährige

Agrarwissenschaftsstudentin erkundete afrikanischen Boden, auf dem

wegen der Dürre kaum etwas wächst – außer einer

Spritquelle der Zukunft.

Neles Hochschule, die

Universität Hohenheim, betreut dort auf 300 Hektar vier

Pilotplantagen, auf denen die Jatropha-Pflanze angebaut wird. Aus dem

Öl, das deren Nüsse enthalten, lässt sich Biodiesel

herstellen. Wenn es nach den Hohenheimer Wissenschaftlern geht,

könnten damit schon bald zumindest die Autos auf Madagaskar

betrieben werden. Und die europäische Abgasnorm kann der

Nussölkraftstoff auch erfüllen.

“Die

weitere Entwicklung

hängt vor allem von der Politik und dem Interesse der großen

Unternehmen und Investoren ab”, sagt Nele. “Aber Jatropha hat auf jeden

Fall Zukunft”, da ist sie sicher. Im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit

untersucht sie den Kohlenstoffgehalt der roten Erde. Der ist wichtig

für die Entstehung von Humus, der den Boden fruchtbarer macht.

Daheim

wächst die

Sprit-Nuss nur auf dem Fensterbrett

In

überfüllten

Kleinbussen holperte die junge Frau dafür jeden Tag über

staubige Pisten zu den Feldern. Die einheimischen Arbeiter von der

Green Island Association halfen ihr, dem steinharten Boden Proben zu

entnehmen, und beobachteten das Treiben der Nachwuchsforscherin

neugierig. Alles musste penibel sortiert und aufbereitet werden. “Es

war nicht so leicht, dort die richtigen Plastiktütchen

aufzutreiben, und zur Trocknung brauchte ich einen Backofen – aber so

was gibt’s da nur selten”, berichtet Nele. Die Uni vor Ort half aus.

Nur

wenige Madagassen haben

ein eigenes Auto. “Für sie bedeutet der Jatropha-Anbau vor allem

eine Einnahmequelle mit der Möglichkeit, Ödland zu sanieren”,

so Nele.

Daheim in Deutschland kommt

die Studentin mit dem Fahrrad zur Hochschule. Gern schlendert sie an

warmen Tagen barfuß über den Campus und durch den

Botanischen Garten. Jetzt aber steht die Laborarbeit an, von der Nele

weniger schwärmt: In Deutschland wächst die Sprit-Nuss nur

auf dem Fensterbrett.

In

einem Topfdeckel

bereitet Nele die Erdproben auf, reinigt sie von Wurzeln und Steinen.

“Auch das habe ich auf Madagaskar gelernt: dass einfache Mittel

manchmal ausreichen.”

Nach

dem Bachelor-Abschluss

will die angehende Agrarwissenschaftlerin ein Masterstudium aufnehmen.

Seit 2003 betreut die schwäbische Universität

Jatropha-Projekte, in Indien etwa in Zusammenarbeit mit DaimlerChrysler.

Auch

beruflich will Nele

sich später als Bodenkundlerin mit der Erzeugung von Biomasse

beschäftigen. Und irgendwann hätte sie gern mal ein eigenes

Auto – “aber bitte so klimafreundlich wie möglich”.

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