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FAZ
online 20.02.07 Biomassekraftwerk – Feuchter Grünschnitt als Brennstoff Von Georg Küffner Wo Hecken geschnitten und Bäume entastet werden, ist der Weg bis zum nächsten Häcksler nicht weit. Auch die professionellen Grünstreifensanierer ziehen diese lärmenden Zerkleinerungsapparate hinter sich her, um das abgehackte Strauchwerk an Ort und Stelle zu zerstückeln. Sie blasen es aber immer seltener zurück in die Natur, sie schaffen es vielmehr weg, um den wertvollen Biorohstoff für die Strom- und Wärmeerzeugung zu nutzen. Eine Anlage, die aus Baum- und Grünschnitt Strom und Wärme macht, arbeitet seit wenigen Monaten auf dem Gelände des Baden Airports in der Nähe von Baden-Baden. Die erzeugte Elektrizität wird – bezuschusst – in das Stromnetz eingespeist. Die beim Verbrennen der Biomasse anfallende Wärme leitet man in die umliegenden Gewerbebauten – freilich nur dann, wenn sie benötigt wird. Die Biotherm-Anlage in Baden-Baden ist eine von rund 150 Biomassekraftwerken in Deutschland, die alle ihr Entstehen dem im Jahr 2000 in Kraft getretenen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verdanken. Anfangs wurde vor allem Altholz wie ausgediente Wohnzimmerschränke und Bahnschwellen verbrannt. Nachdem dieser Billigrohstoff verteilt war, ist man dazu übergegangen, sogenanntes Waldrestholz (Durchforstungsholz und Sägewerksabfälle) zu verfeuern. Und das in beachtlichen Mengen, die nun nicht mehr den etablierten Holzverwertern wie etwa der Spanplattenindustrie zur Verfügung stehen. Störrische Biomischung Dabei ist der Drang in den Ofen enorm. So wurden im zurückliegenden Jahr in Deutschland 18,4 Millionen Festmeter Holz in stromerzeugenden Biomassekraftwerken (und 1100 Biomasseheizwerken) verbrannt. Im Jahr 2002 betrug diese Menge erst 13 Millionen Festmeter. Preissteigerungen waren die Folge. Daher sind 2006 die Preise für Feuerholz um durchschnittlich 30 Prozent gestiegen, während die Renditen der (Biomasse-) Kraftwerksbetreiber in den Keller gegangen sind. Besonders dann, wenn sie es versäumt haben, langfristige Lieferverträge abzuschließen. Diesen Fehler scheinen die Betreiber der Biotherm-Anlage nicht gemacht zu haben. Wie Geschäftsführer Rainer Pahl versichert, sei es kein Problem, aus der Region die jährlich benötigten 75 000 Tonnen Grünschnitt herbeizuschaffen. Schwierig sei dagegen, das Material in guter Qualität zu bekommen. Steine, Metalle und andere Fremdstoffe müssen unbedingt aussortiert werden, was eine dem Prozess vorgeschaltete Trennanlage übernimmt. Auch Stöcke und Holzsplitter, die länger als 20 Zentimeter sind, werden separiert. Zurück bleibt ein wildes Durcheinander aus Stöcken und Ästen, das Pahl nicht ohne Grund als „starres Zeug“ bezeichnet. Denn diese störrische Biomischung, für die er nichts außer den Transportkosten zu zahlen hat, in den Ofen zu bekommen, ist nicht einfach. Immer wieder kommt es zu sogenannten Stopfern. Der Brennstoff, den Förderschnecken aus einem kleinen Zwischenpuffer bis zum Feuerungsrost transportieren, verhakt sich gern. Dann muss die Anlage heruntergefahren und die Störung beseitigt werden. Nur Teillastbetrieb möglich Doch die Brennstoffzuführung ist nicht die einzige Schwachstelle der Anlage. Über ihre Störanfälligkeit und über die deutlich unter den Sollwerten liegenden Stromerträge sprechen die beiden Mitarbeiter, die uns die Anlage zeigten, ganz offen. Für den „störrischen“ Brennstoff sei die Anlage nicht ausgelegt, sagen sie. Die verlange nach Holzchips, einem homogenen und „fließfähigen“ Material. Und eigentlich sollte man sie und vier weitere Kollegen vom Wartungspersonal auf der Anlage gar nicht sehen. Denn der finnische Lieferant, die Wärtsilä Biopower Oy, habe einen weitgehend vollautomatischen Betrieb versprochen. Die Anlage, so das Konzept, sollte fernüberwacht betrieben werden. Dass dieses Ziel bisher nicht erreicht wurde, dazu trage auch der Verbrennungsvorgang selbst bei. Das auf mehreren sich gegenläufig drehenden Rost-Ringen brennende Feuer sei viel zu ungleichmäßig. Schicke man die für das Erreichen der Volllast benötigte Menge auf den Rost, falle ein Teil unverbrannt in das Aschebad. Verantwortlich sei dafür auch der hohe Feuchtigkeitsanteil des Brennstoffs, der bei 60 Prozent liegt. Man könne daher die Anlage nur im Teillastbetrieb fahren. Mit viel Fingerspitzengefühl schaffe man eine elektrische Leistung von 4,4 Megawatt. Vollautomatisch betrieben liege die Leistung bei 3,7 Megawatt und damit deutlich unter der Zielmarke von 5,25. Bonuspreise für den Biostrom Entsprechend geringer fallen die aus Biomasse gewonnene Menge an elektrischem Strom aus und damit die nach den Vorgaben des EEG einzustreichenden Erträge. 16,5 Cent bekommen die Betreiber der Biotherm-Anlage in Baden-Baden für jede eingespeiste Kilowattstunde, und das garantiert über 20 Jahre. Damit liegen sie rund sechs Cent über den für Biomasse gewährten „Normal“-Erlösen. Verantwortlich ist dafür der sogenannte NawaRo-(Nachwachsende Rohstoffe)Bonus. Der wird für Strom gezahlt, der aus nicht aufbereitetem Biobrennstoff gewonnen wird. Doch man kann auch noch mehr erlösen. Dazu verhilft ein Innovations- und ein KWK(Kraft-Wärme-Kopplungs-)Bonus von jeweils zwei Cent. Das addiert sich auf einen Erlös je Kilowattstunde von rund 21 Cent, und das für 20 Jahre. Diesem Betrag stehen Stromgestehungskosten von rund vier Cent gegenüber, wenn die Elektrizität in konventionellen Kohle- oder Gaskraftwerken erzeugt wird.
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