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FAZ
online 04.03.07 Wie warm wird die Erde? Von Wolfgang Cramer Die globale Mitteltemperatur der Erde ist seit 1850 bereits um 0,76 Grad Celsius gestiegen – vor allem aufgrund der vom Menschen zusätzlich erzeugten Treibhausgase Kohlendioxid und Methan. Wirtschaftet die Menschheit so weiter wie bisher, dann wäre die Erde am Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich um vier oder mehr Grad wärmer als heute. Diese „Klimavorhersage“ beruht vor allem auf der Schätzung von zukünftigen Emissionen. Für diese spielt die Entwicklung von Bevölkerung und Wohlstand, vor allem in Regionen mit potentiell hohen Emissionen wie Indien oder China, die größte Rolle. Da die Emissionen von politischen und gesellschaftlichen Trends abhängen, werden immer mehrere „Emissions-Szenarien“ und „Erwärmungs-Szenarien“ betrachtet. Irrtum extrem unwahrscheinlich – Vor allem im Norden wird es heißer und trockener Alle bekannten Klimaszenarien zeigen, dass mit zunehmender Treibhausgaskonzentration die Wahrscheinlichkeit hoher Temperaturen fast überall deutlich steigt, ebenso die Gefahr von Starkniederschlägen. Selbst eine günstige Entwicklung mit ressourcenschonender Umweltpolitik (jedoch ohne ambitionierten Klimaschutz) würde bis zum Ende des Jahrhunderts etwa 1,8 Grad globale Erwärmung im Vergleich zu 1990 bringen. Das sind deutlich mehr als zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Eine entschiedene Klimaschutzpolitik könnte uns vor einem so starken Temperaturanstieg bewahren – vermeiden könnte sie eine weitere Erwärmung von mindestens 0,6 Grad jedoch nicht. Das Kyoto-Protokoll ist da nur ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus. Natürlich wissen wir nicht exakt, wie die Erde auf das Treibhausgasexperiment reagiert. Für jedes Emissionsszenario gibt es einen möglichen Bereich, wie das Klimasystem reagieren könnte. Auch die besten Klimamodelle zeigen noch Abweichungen untereinander. Dass sich die Modellierer allesamt irren, ist extrem unwahrscheinlich. Im Gegenteil steigt die globale Temperatur derzeit sogar etwas schneller als es uns die Klimamodelle vorrechnen. Gefährlicher Klimawandel? Global gemittelte Angaben täuschen über die Tatsache hinweg, dass Temperaturänderung und Niederschläge nicht überall gleich ausfallen. Betrachtet man den Hitzesommer 2003, so fällt auf, dass große Teile Mitteleuropas betroffen waren, andere Regionen aber nur geringere Abweichungen erlebten. Als sicher gilt aber, dass die Erwärmung über Land stärker ausfällt als über dem Meer und dass die größte zu erwartende Erwärmung den Norden betreffen wird, vor allem in der Arktis. Aber auch in mittleren Breiten könnten Temperaturänderungen im Jahresmittel über 2,5 bis 3 Grad auftreten. Ob diese drastischen Veränderungen „gefährlichen Klimawandel“ im Sinne der UN-Klimarahmenkonvention darstellen, hängt von den ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten der betroffenen Regionen ab – und davon, wie schnell sich diese Regionen an den absehbaren Klimawandel anzupassen lernen.
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