RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Süddeutsche

online 03.05.07

Landwirtschaft im Klimawandel

Dürre Ernte

Wegen des Klimawandels steht

die Landwirtschaft unter einem Anpassungsdruck. Gefragt sind nun Arten

und Varianten, die der Trockenheit besser widerstehen. Dass schon jetzt

mehr und mehr heimische Bauern aufgeben müssen, liegt an der Subventionspolitik

und dem Verbraucherverhalten, die die Großbetriebe begünstigen.

Von Wolfgang Roth

Am Tag, als der Regen kam,

lang ersehnt, heiß erfleht, auf die glühenden Felder, auf die

durstigen Wälder…

Der Schlager, von Dalida

gesungen, war ein Hit in den sechziger Jahren. Zu der Zeit gab es auch

in Deutschland mal längere Perioden ohne Regen, aber noch keinen Frühling

wie diesen: Es war der wärmste, der trockenste, der sonnenreichste

April seit mehr als einem Jahrhundert.

Und dass der Winter zuvor

schon mit Niederschlägen geizte, macht die Lage in vielen Regionen

für die Bauern prekär. Sie warten nun so sehnlich auf den Regen

wie Dalida, für die sich mit dem Regen, o Wunder, auch der Geliebte

einstellte. Den Landwirten würde es aber schon reichen, wenn noch

ein passabler Ernte-Ertrag kommen würde.

Eine von der Erzeugung ihrer

Lebensmittel weitgehend abgekoppelte, die Feldfrüchte aus aller Welt

zu jeder Jahreszeit genießende Bevölkerung wird das nicht schrecken.

Sie hat im Jahr 2003 einen glühenden Sommer erlebt, ohne dass sich

dies für die Konsumenten spürbar in der Versorgung mit Nahrungsmitteln

niedergeschlagen hat. Die vier Apokalyptischen Reiter – Krieg und Seuchen,

Hungersnot und früher Tod – galoppieren zwar immer noch durch die

Welt, machen aber einen Bogen um den größten Teil Europas.

Das war nicht immer so, es

war sogar immer anders, sieht man von der historisch kurzen Spanne seit

dem Zweiten Weltkrieg ab. Als sich im 19. Jahrhundert in Irland die Kartoffelfäule

ausbreitete, als Stalin systematisch die Ukraine aushungerte, starben Millionen

Menschen, weil sie nicht genug zu essen hatten.

Und noch beim Betrachten

alter Fotos aus der deutschen Nachkriegszeit fällt auf, wie schmal

die Gesichter damals waren. Auch deshalb ist hierzulande das Gerede, man

könne als verantwortungsvoller Mensch keine Kinder mehr in diese Welt

setzen, töricht und larmoyant.

Gehungert wird anderswo.

Gehungert wird in Massen, aufgrund von Bürgerkriegen und Missernten,

mehr noch aber wegen chronischer Armut. Die Missernten, die jetzt in Deutschland

zu beklagen sind, die Verluste, die bei anhaltender Dürre noch eintreten

werden, sie sind für niemanden lebensbedrohlich, allerdings für

viele Bauern dramatisch.

Die Nahrung fällt nicht

vom Himmel

Es wird, falls die Dürre

anhält, die üblichen Ausgleichszahlungen aus nationalen und europäischen

Fonds geben, aber auf einem Teil des Schadens bleiben diejenigen sitzen,

die vorzeitig die Felder abernten oder das Wintergetreide unterpflügen

müssen.

Wenn sich das in einer Verknappung

bestimmter Lebensmittel und in partiell höheren Preisen niederschlagen

würde, wäre das in einer Hinsicht kein Schaden: Den Verbrauchern

würde wieder klar, dass die Nahrung nicht vom Himmel fällt, dass

sich zwar der Ertrag mit allerlei Mitteln steigern, das Wetter aber nicht

beeinflussen lässt.

Manchen Milchkühen fehlt

jetzt ausreichend saftiges Futter, und wenn es noch einen winzigen Rest

von Marktwirtschaft in der europäischen Landwirtschaft gibt, müsste

das den Milchpreis nach oben treiben. Das derzeitige Preisniveau ist ohnehin

beschämend niedrig, weil die Handelsketten die Erzeuger derart kujonieren,

dass diese kaum mehr ihren Aufwand ersetzt bekommen. Da greift der Kunde

gerne ins Regal.

 

Zeit der Fichte als Brotbaum

ist vorbei

Weit über diesen Sommer

hinausreichende Konsequenzen hat der Trend zu immer wärmeren Jahren

mit saisonalen und regionalen Wetterextremen – ob längere Dürre

oder Starkregen in kurzer Zeitspanne. Das Gros der Wissenschaftler rechnet

infolge des Klimawandels in Mitteleuropa mit insgesamt trockeneren Sommern;

dies ist aber just die Periode, in der Pflanzen aller Art besonders auf

Feuchtigkeit angewiesen sind.

So, wie sich jetzt schon

abzeichnet, dass die Fichte in niederen Lagen nicht mehr der ,,Brotbaum‘‘

der Forstwirtschaft sein wird, so steht auch die Landwirtschaft unter einem

Anpassungsdruck. Zunehmend gefragt sind nun Arten und Varianten, die der

Trockenheit besser widerstehen. So könnte die Hirse auf deutschen

Feldern Einzug halten, könnten südeuropäische Obstsorten

die heimischen ersetzen. Solche Anpassungen an ein sich veränderndes

Klima fanden in der Erdgeschichte immer wieder statt, wenn auch nicht in

derart kurzer Zeit.

Trotz all dieser Probleme,

die sich durch wärmeliebende Schädlinge verstärken können,

sind die Mitteleuropäer noch in einer vergleichsweise komfortablen

Lage. Man muss gar nicht die zunehmenden Dürregebiete in Afrika im

Auge haben – schon in Spanien und Italien, wo der Wassermangel Alltag ist,

steht die Landwirtschaft vor ganz anderen Schwierigkeiten.

Wenn mehr und mehr heimische

Bauern aufgeben müssen, dann liegt das nicht am Klimawandel, sondern

an der Subventionspolitik und dem Verbraucherverhalten, die im Verbund

die Großbetriebe begünstigen. So gesehen ist schon lange schlechtes

Wetter für das, was man bäuerliche Landwirtschaft nennt.

Vielleicht wird es doch noch

ein ganz passables Erntejahr. Vielleicht ist bald schon der Tag, an dem

der Regen über die glühenden Felder und die durstigen Wälder

kommt. Und wenn er dann anhält bis weit in den Urlaub hinein, dann

werden ihn die meisten verfluchen. 

 

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