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Spiegel online 01.06.07

G-8-STREITTHEMA
Bush lobt Klima-Kämpferin Merkel

Charme-Offensive des Präsidenten: George Bush will den Klima-Streit mit Deutschland kurz vor dem G-8-Gipfel eindämmen. In einer Videokonferenz pries er Kanzlerin Merkel als Vorkämpferin, die die US-Regierung überzeugt habe - und kam ihr inhaltlich entgegen.

Berlin - George W. Bush schlug in der Videokonferenz mit Angela Merkel (CDU) am Abend mäßigende Töne an. Nein, versicherte der US-Präsident der Kanzlerin, seine jüngste Klima-Initiative solle keine Konkurrenz zu Vereinbarungen unter dem Dach der Uno sein. Die USA möchten mit ihrem Vorstoß vor allem den Weg für eine Einbindung von wichtigen Schwellenländern wie China und Indien ebnen - so zitierte US-Sicherheitsberater Stephen Hadley den Präsidenten.

Hadley gestand ein, dass es in den Vorgesprächen über die G8-Beschlüsse noch Differenzen gebe. Manche wollten, dass der G-8-Gipfel konkrete Ziele zur Reduktion der Treibhausgase oder der Begrenzung des Temperaturanstiegs festlege. Dies widerspreche aber der Einsicht, dass es globale Abmachungen im Kampf gegen die Klimaerwärmung brauche - und nicht nur Vereinbarungen der acht führenden Industrienationen. Schließlich seien Länder mit erheblichem CO2-Ausstoß wie Indien und China keine G-8-Mitglieder.

Bush versuchte sich gegenüber Merkel in Überzeugungsarbeit: Wenn der US-Plan gelinge, die 15 Staaten mit dem höchsten CO2-Ausstoß bis Ende 2008 auf eine gemeinsame Klimaschutz-Plattform festzulegen, wäre dies ein wichtiger Beitrag für die Uno-Klimaschutzbemühungen. Hadley sagte, Bush habe seine Vorschläge noch vor dem G-8-Gipfel gemacht, damit sie einen Konsens bei dem Treffen ermöglichen.

Außerdem fand der Präsident lobende Worte für die Kanzlerin: Dank ihr und dem britischen Premierminister Tony Blair sehe die US-Regierung heute eine Notwendigkeit in globalen Abmachungen, die nach dem Auslaufen des Kyoto-Abkommens 2012 gelten. Die USA seien grundsätzlich für ein globales Ziel zur Reduzierung der Treibhausgasen. Dieser Prozess müsse aber auch Entwicklungsländer einbeziehen, die sich wie alle Staaten eigene Ziele im Kampf gegen die Klimaerwärmung setzen müssten.

Deutschland pocht auf Einbindung der Uno

Von deutscher Seite war am Abend zunächst kein Kommentar zum Telefonat zwischen Bush und Merkel zu erhalten - doch die Kanzlerin dürfte die Worte aus Washington mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen haben.

Klar ist, dass Merkel nicht gewillt ist, jeden Preis beim Thema Klimaschutz zu zahlen. Es sei eine "nicht verhandelbare Auffassung" der Bundesregierung, dass Vereinbarungen zum Klimaschutz "in einen Uno-Prozess münden müssen", hatte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm heute gesagt. Aus der Koalition war zu erfahren, die Kanzlerin wolle sich darum bemühen, dass in Heiligendamm konkrete Festlegungen auf Emissionsreduzierungen und ein Uno-Bezug in die Abschlusserklärung aufgenommen werden. Verwässerungen der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel will sie abwehren.

Mit diesen Eckpunkten reagierte die Bundesregierung heute offiziell auf Bushs Klima-Initiative vom Donnerstag. Der US-Präsident hatte eine Serie von Treffen angeregt, an denen neben den größten Industrienationen auch jene Staaten mit dem stärksten Wirtschaftswachstum und der größten Zunahme von Kohlendioxid-Emissionen teilnehmen sollen - etwa China und Indien. Bush vermied konkrete Festlegungen auf Emissionsbegrenzungen.

"Wichtig und richtig"

Zwar lobte Sprecher Wilhelm in der Bundespressekonferenz alle Initiativen als "wichtig und richtig", die "Bewegung erzeugen" und zu Bewusstseinsveränderungen in der Welt führten. Aber: Exklusive Verhandlungen in einer Runde nur weniger Staaten würden beim Klimaschutz "nicht zum Ziel führen".

In dem deutsch-amerikanischen Dissens ist auch die Bundesregierung unverkennbar um diplomatische Mäßigung bemüht. Angesichts des US-Vorschlags und der jüngsten Ergebnisse in der EU sei deutlich Bewegung in der Klimadebatte zu verzeichnen, sagte Wilhelm. Es sei aber natürlich "ein dickes Brett", an dem man "weiter dran bohre". Wilhelm äußerte die Hoffnung, dass in Sachen Klimaschutz vom G-8-Gipfel in Heiligendamm kommende Woche "ein Signal" ausgeht und "weitere Fortschritte" dann auf der Kyoto-Nachfolge-Konferenz in Bali erzielt werden. Dort soll im Herbst ein Folgeabkommen zum Kyoto-Protokoll vorbereitet werden.

Merkel hatte schon jüngst in ihrer Regierungserklärung die Erwartungen an eine Einigung der G 8 beim Klimaschutz gedämpft. Diese Linie wiederholte auch Wirtschafts-Staatssekretär Bernd Pfaffenbach, der den G-8-Gipfel für die Kanzlerin vorbereitet und ihr Chefunterhändler ist, in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" am Freitag. Es sei eine Tatsache, "dass überzogene Erwartungen geschürt wurden". Und: "Die Kanzlerin wollte das Thema nie so sehr in den Fokus stellen, wie das jetzt der Fall ist".

Auf die Frage, was geschehen würde, wenn die USA der Uno das Thema Klimaschutz entziehen wollten, sagte Pfaffenbach: "Die USA selbst bestreiten, dass das ihre Absicht ist." Wenn das aber tatsächlich so wäre, so der Staatssekretär weiter, "wäre das eine rote Linie, die die Kanzlerin niemals überschreiten würde". Die Federführung der Uno sei für die Bundesregierung nicht verhandelbar. Die Idee der Amerikaner, zunächst einmal unter den großen Industrie- und Schwellenländern eine gemeinsame Haltung herzustellen, könne aber sinnvoll sein.
 
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