RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Manager

Magazin online 08.03.07

Prima Klima

Von Karsten Stumm

Die Welt steht vor dem Wetterwandel.

Die Kosten, damit klarzukommen, werden in die Milliarden gehen – und manchen

Firmen nebenbei einen entsprechend hohen Auftragsboom bescheren. Denn sie

haben jene Waren im Angebot, die den Klimaschock überstehen helfen.

Banken bieten Sparern deshalb Fonds mit Wertpapieren dieser Unternehmen

zum Kauf an. Deutschlands Anleger hat der Hype bereits gepackt.

Düsseldorf – Arlene,

Bret und Cindy waren zuerst da, und sie sorgten für viel Wirbel auf

der Uferpromenade von Miami Beach. Doch ihnen folgten nicht nur die Hurrikans

Katrina, Rita und Wilma, die Schäden in Höhe von Hunderten Milliarden

Dollar anrichteten. Nach Wilma zogen auch noch die Wirbelstürme Alpha,

Beta, Gamma, Delta, Epsilon und Zeta über die Küsten von Kuba

oder Florida hinweg. Tausende Menschen starben.

Den Meteorologen waren zu

diesem Zeitpunkt, Ende Oktober 2005, längst die römischen Anfangsbuchstaben

ausgegangenen, mit denen sie die Wirbelstürme eines Jahres normalerweise

der Reihenfolge nach sortieren. Sie mussten deshalb erstmals zusätzlich

das griechische Alphabet nutzen, um die Übersicht zu behalten.

Wirtschaftsstatistiker hatten

es da einfacher: Sie konnten die Folgen der größten Hurrikan-Katastrophe

seit Jahrhunderten mit einem Blick auf die grell leuchtenden Preistafeln

der Tankstellen oder in die Bilanzen vieler Unternehmen feststellen:

Der Spritpreis stieg in Amerika

im Jahr 2005 auf ein Niveau, wie in den Inflationsjahren 1918 bis 1920

und 1979 bis 1982, berichtet die Internationale Energieagentur; zu viele

Raffinerien lagen nach Sturmschäden brach, als das die Benzinnachfrage

gedeckt werden konnte. Und allein die Versicherungsbranche musste Wirbelsturmschäden

an Häusern, Straßen und Industrieanlagen in Höhe von 45

Milliarden Dollar begleichen.

Nur zwei Jahre nachdem Arlene,

Bret und Cindy über die Menschheit kamen, sind sich viele Klimaforscher

sicher: Die vielen heftigen Stürme im Jahr 2005 waren kein Zufall.

Auch nicht der trockenheiße Sommer 2003, der die Strompreise am Spotmarkt

hierzulande auf schwindelerregende Höhen trieb – und die stromintensiven

Unternehmen wie zum Beispiel Kupfer- und Aluminiumhütten in Schwierigkeiten

brachte. Nach Meinung des ehemaligen Weltbank-Chefökonomen Nicholas

Stern droht der Welt im Jahr 2050 ein Verlust an Wirtschaftsleistung von

20 Prozent, sollte jetzt nichts gegen die diskutierte Klimakatastrophe

unternommen werden.

“Wir benötigen jetzt

beispiellose, massive Innovationen, um Technologien mit niedrigem Kohlenstoffausstoß

zu entwickeln, zu kommerzialisieren und in großem Rahmen auf den

Markt zu bringen. Der Markt muss für uns arbeiten” sagt William Timken,

Botschafter der USA in Deutschland.

Die Profiteure des Wetterwandels

Das kann sich wirtschaftlich

durchaus auszahlen: “Durch gezielte ökologische Investitionen könnte

sich ein positiver Effekt von 2,5 Billionen Dollar ergeben”, rechnete der

Ex-Weltbanker Stern hoch. Und Claude Mandil, oberster Direktor der Internationalen

Energieagentur, ergänzt: “Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels

haben eine sehr wichtige und zeitlich befristete Facette: nämlich,

dass die Vorteile energischen und frühzeitigen Handelns die wirtschaftlichen

Nachteile daraus überwiegen.”

Börsenkenner haben deshalb

eine Vielzahl von Unternehmen unter die Lupe genommen, die von solch frühzeitigem

Eingreifen profitieren könnten. “Auf der einen Seite gibt es Firmen,

die Produkte für den Wiederaufbau nach Klimakatastrophen verkaufen,

etwa Pumpen. Oder die Dienstleistungen anbieten, mit denen sich ihre Kunden

an den laufenden Klimawandel anpassen können, beispielsweise Wasseraufbereitungsspezialisten

oder Experten für Raumplanung, die Ausweichflächen für mögliche

zukünftige Flutkatastrophen entwickeln helfen”, sagt Carl-Johan Francke

zu manager-magazin.de, Senior-Wertpapieranalyst der Schweizer Sam Gruppe.

“Auf der anderen Seite sticht

die Versicherungs- und Finanzindustrie als Verlierer hervor”, ergänzt

Philipp Vorndran, Wertpapierspezialist der Schweizer Großbank Credit

Suisse : “Obwohl die Nachfrage nach Versicherungsleistungen aufgrund der

drohenden Naturkatastrophen vermutlich steigen wird, dürfte das Volumen

der Versicherungsgeschäfte aufgrund nicht mehr zu deckender Risiken

oder ansteigender Prämien zurückgehen.” Ohne Versicherungsschutz

fielen aber auch viele Sicherheiten für Kreditgeschäfte aus.

Mittlerweile sickert deshalb

bei vielen Firmen eine ungute Erkenntnis durch: Der Klimawandel trifft

wahrscheinlich nicht erst die folgenden Generationen mit Wucht, sondern

die jetzige – und das ändert das Kaufverhalten der Menschen schon

heute. Der Autobauer DaimlerChrysler musste das bereits erfahren.

Der Umweltkommissar der Europäischen

Union will bald neue Dienstwagen kaufen lassen, und bisher fuhren Stavros

Dimas und seine Leute stets Mercedes. Doch weil das deutsche Unternehmen

den Schadstoffausstoß seiner Modelle nach Meinung des Griechen nicht

schnell genug gesenkt hat, droht er den Stuttgartern nun auf eine umweltfreundlichere

Alternative aus Japan umzusteigen: auf den Toyota “Lexus” mit Hybridantrieb.

Neue Investmentaspekte

Der prominente Käuferstreik

wäre vorerst nur ein schwerer Imageschlag für das deutsche Unternehmen.

Sollten die Behörden allerdings tatsächlich strenge Abgasgrenzwerte

zur Minimierung der CO2-Belastung der Umwelt erlassen, könnte dieser

Umweltaspekt dem Automobilunternehmen DaimlerChrysler so richtig das Geschäft

verhageln. “Wir haben errechnet, dass der Vorsteuergewinn des Unternehmens

unter bestimmten Annahmen künftig deutlich weniger steigen wird als

jener der Branchenkonkurrenten Nissan , Honda , Renault und Toyota “, sagt

Sam-Analyst Francke.

Die Börse scheint ihm

zu glauben. Seit Ende des Jahres 2005 stieg der Aktienkurs des japanischen

Unternehmens um die Hälfte stärker als der von DaimlerChrysler.

Vielleicht nicht zu Unrecht. “Politische Anreize sind die wesentlichen

Treiber für saubere Technologie: Emissionsvorschriften, Einspeisevergütungen

und Steueranreize regulieren heute schon den Markt. Stärkere regulative

Eingriffe sind auch für Transport und Mobilität zu erwarten”,

sagt DWS-Experte Baki Irmak.

Die Zahl der Aktienfonds,

deren Manager bei der Aktienauswahl mögliche wirtschaftliche Aspekte

des befürchteten Klimawandels beachten, steigt dann auch kräftig.

Allein in den vergangenen fünf Jahren ist das Angebot an solchen Fonds

um das Dreifache in die Höhe gegangen, und mittlerweile haben nicht

nur ausländische Fondsgesellschaften Entsprechendes im Sortiment;

zuletzt drängten etwa die britische Gesellschaft Foreign & Colonial

mit ihrem Stewardship-International-Fonds auf den Markt, aber auch der

Schweizer Anbieter Swisscanto, der ab sofort Käufer für seinen

Equity Fund Climate Invest sucht.

Inzwischen bietet auch nahezu

jede große deutsche Anlagegesellschaft ihren Kunden Ökofonds

an, sei es der Klimawandel-Fonds der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS oder

der Global-Eco-Fonds aus dem Hause Allianz. Als eine der letzten schickte

jetzt die Sparkassen den Deka Umwelt Invest ins Rennen. “Der Fonds ist

ideal für die gezielte Beimischung internationaler Aktien aus den

Segmenten Klimaschutz, Umweltschutz, Wasser und erneuerbare Energien in

einem Gesamtportfolio”, wirbt Fondsmanager Michael Schneider für seinen

Fonds.

Zudem haben Kapitalanlagegesellschaften

wie beispielsweise HSBC bereits Klimawandel-Fonds für Anleger im Angebot,

die einen Teil ihres Geldes aus Risikogründen nicht in Aktien, sondern

in Anleihen stecken möchten. “Unser Publikumsfonds Inik ist ein Corporate-Bond-Rentenfonds

mit ein wenig Aktienbeimischung. Unser Hauptaugenmerk gilt aber der Vermeidung

von Verlusten, weshalb wir bei der Anleihenanalyse beispielsweise stets

die schlechtesten Ratings der Bonds zugrunde legen”, sagt HSBC-Direktor

Heiner Weber zu manager-magazin.de.

 

Mail  
Scroll to Top